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dm Meistern, welche den Ruhm der deutschen Landschaftsmaler begründet haben, und uuter den Aufstrebenden befindet sich manch ein wackeres Talent, auf dessen Weiterentwicklung man gespannt sein darf. Haben indeß unsere Ausstellungen schvn laugst den Charakter von Bildermärkten angenommen, so darf der Berichterstatter, der seine Pflicht zugleich als kritischer Historiker übt und nach einer fortschreitenden Entwicklung Umschau HM, auf solchen Sammelplätzen der Atelierwaare nicht die Rolle des Ausrufers übernehmen, der die Vorzüge eines jeden Bildes in das richtige Licht setzt. Wenn Andreas und Oswald Achen- b ach nicht einmal einen nenen Weg einschlagen oder uns eine andere Perspee- tive eröffnen als die auf Ostende und den Vesuv, die wir in allen ihren Abstufungen znr Genüge kennen, so müssen sie es sich auch gefallen lassen, daß man sie unbeschadet ihrer hohen Vortrefflichkeit einmal ganz ignorirt und das A und O der Landschaftsmalerei wo anders sucht. In diesem Jahre hat auf dem Gebiete der Marinemalerei ohnehin Hans Gude deu Vogel abgeschossen. Wir haben die Freude, iu dem tüchtigen norwegischen Meister, der während eines fast dreißigjährigen Aufenthaltes in Deutschland gauz der unserige geworden ist, vom 1. October ab ein Mitglied unseres akademischen Lehrkörpers begrüßen zu dürfen. Nach sechzehnjähriger Thätigkeit an der Kunstschule zn Karlsruhe hat er sich bereit finden lassen, ein Meisteratelier an der Berliner Kunstakademie zu übernehmen. Ein solches bestand für die Landschaftsmalerei bis jetzt noch nicht, und die Akademie darf sich deshalb in doppelter Hinsicht zu dieser neu eiutreteuden Kraft gratuliren. Gude ist ein Künstler, der nicht nur in der malerischen Techuik brillirt, soudern dem auch eine ungewöhnliche dichterische Phantasie zu Gebote steht. Und gerade eine solche Persönlichkeit fehlte unserer Akademie, an welcher bisher die Prosamenschen so ziemlich die Oberhcmd hatten. Gnde hat sich auch auf der Ausstellung so glänzend eingeführt, daß wir dieses Entree als ein glückliches Anspicium in Anspruch nehmen wollen. Eine Zeit lang, namentlich in den ersten siebziger Jahren, in jener unglücklichen Periode, in welcher sich mcmches Talent durch Massenprodnction ruinirt und welche in vielen anderen Illusionen erweckt hat, die später grausam zerstört wurden, damals schien es auch, als würde Hans Gude wirkungslos in den Abgrund der Manierirtheit versinken. Seine schwungvolle Phantasie begann sich zu erschöpfe«, seiue Motive wurden flacher und inhaltsloser, und seine Malweise verlor sich immer mehr ins Flüchtige und Decorative. Seine Marinen bei Sonnenlicht machten zeitweilig den Eindrnck, als seien gezupfte Baumwvllenflöckchen auf eine Glasscheibe gesetzt. Wir wollen dieses Sündenregister nicht verlängern. Gude hat sich wieder emporgerafft, seine Kraft concentrirt und nns mit einigen Meisterwerken erfreut, die ihn wieder auf der Höhe zeigen. Der Schiller von Andreas Achenbach darf sich wieder kecklich neben dem Altmeister sehen lassen, ja es will