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Politische Briefe : 16. Die Trennung in der nationalliberalen Partei.
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das Volk belehren, daß das erfolgreiche und gigantische Unternehmen, auf dem tausendjährigen, so reichen, aber so apolitischen Bvlksboden der deutschen Natur eine politische Nationalität zu schaffen, durch seine Mittel wie durch seine Gegen­wirkungen, durch die neue Erscheinung, welche in dem Stadium jenes Unter­nehmens die nationalen wie die feindlichen Kräfte darbieten, einen neuen Ge­dankenkreis hervorruft. Die nationalen Opportunisten mögen den Fürsten Bismarck bekämpfen, wo ihre Ueberzeugung es gebietet, aber sie mögen es thun aus dem eigenen Gedankenkreise des Staatsmannes heraus, mit dem sie sich eins fühlen, aber nicht aus dem alten liberalen Dogma heraus.

Die Jntransigenten, sowohl die, welche vor kurzem noch in der national­liberalen Partei waren, wie diejenigen, welche sich der Partei niemals ange­schlossen, betrachten die Wirksamkeit des Fürsten Bismarck als eine Episode. Den Fortschrittlern erschien diese Episode von Anfang an bis heute uuwill- kommen, den ehemaligen Nationalliberalen erschien sie förderlich, und sie glaub­ten, am Ende der Episode werde ihre Zeit kommen. Nun dauert es ihnen zu lange, sie fürchten das Dogma werde unheilbaren Schaden leiden, und ent­schließen sich, aus dem opportunistischen Verband auszutreten. Der Entschluß ist sehr lobenswert!), aber die Art, wie er ausgeführt worden, muß vom Stand­punkte der politischen Moral schwerem Tadel unterliegen.

Unter heftigem Unwillen der Bezeichneten find die iutransigenten Elemente der nationalliberalen Partei von der Regiernngspresse längst als fortschrittliche Nativnalliberale bezeichnet worden. Aber jeder ehrliche und gescheide Mensch muß die völlige Correctheit dieser Bezeichnung anerkennen. Die cmstretenden Jntransigenten mußten einfach der Fortschrittspartei beitreten. Daß dies nicht geschehen, dafür lassen sich keine anderen als tadelnswerthe Motive entdecken. Zwei Motive liegen ziemlich zu Tage. Erstens: die austretenden Herren, die bedeutenden unter ihnen, wollen selber führen und nicht von Herrn Eugen Richter geführt sein. Und da redet man von dein Ende, das der Cliquenwirth­schaft gemacht werden müsse! Dieses erste Motiv ist nicht politisch stichhaltig, aber es ist sehr menschlich. Das zweite Motiv ist auch menschlich, aber noch weniger moralisch als das erste. Man will eine möglichst große Wählerschaar gewinnen, und die Fortschrittspartei ist durchaus nicht populär. Mußte sie doch ihr vorjähriges Feldgeschrei:Fort mit Bismarck" um der UnPopularität willen einstellen und lächerlich verleugnen. Aber die Wähler haben das Feld­geschrei nicht vergessen, der deutsche Volksinstinkt ist klug genug, zu merken, daß dieses Feldgeschrei der unvermeidliche, wahre Gedanke der Fortschrittspartei ist, und der deutsche Volksinstinkt ist moralisch genug, eine Partei um so weniger zu achten, je mehr sie ihre Gedanken verleugnet. Die eine Zeit lang wider­willigen Oppertunisten, nun als Jntransigenten des liberalen Dogmas ent-