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zu antworten (denn das wird ja gelobt) die Worte zusammen, und weun er eins nicht oder nicht gleich findet oder verwechselt, so erschrickt er und sagt nun etwas viel Dümmeres als er gleich nach dem Niedersetzen denkt; uud hat er auch alles richtig herausgebracht, glaubt mau, daß ers darum weiß? und wirklich brauchen kann? entsetzliches Lehren das, wo es noch besteht! — Sind aber die Schüler schon warm gemacht, so fällt sicher aus dem Vorrathe seiner Erfahrungen, der in ihm auftaucht, einem Aufgeweckten ein, daß er schon Aehn- liches gehört oder gesagt hat. Hilft der Lehrer ein wenig nach, so bringt er Wohl heraus z. B.: Mein Brnder und meine Schwester vertragen sich nicht, weil keins nachgeben will, wie die Mutter immer sagt. Läßt man nun prv- biren, ob sich denn anders und nicht grammatisch richtiger sagen lasse, oder sagt es selbst mit keiner, dann mit keine, und fragt, ob das gehe? dann ist das grammatische Interesse da, d. h. die Frage, das Problem taucht ihnen aus dem eigenen Denken und Empfinden selber empor wie eben zuerst darin entstanden, auch Faule werden nun aufmerksam, eine gewisse Neu gier stellt sich ein, was denn da herauskommen werde, ganz wie bei einer häuslichen Frage, die den Familientisch beschäftigt — und was heranskommt, dringt sicher in den kleinen Geistern vor bis an die Stelle, wo es hingehört, die sozusagen schon darauf bereitet war, und haftet da für immer. Ist man so weit, dann ists Zeit, svgcir nach dem Gruude der seltsamen Erscheinung zu fragen, und der Lehrer bringt sicher aus ihnen heraus: es muß so sein, sozusagen aus Noth, aus Verlegenheit, es geht einmal nicht anders, weil ja keiner nicht für die Schwester paßt, keine aber für den Bruder nicht. Aber nun noch nicht ruhen, denn die Geister sind im besten Flnsse des Selbstarbeitens, und sie fühlen Plötzlich mit Behagen den Stoff, der sie sonst quält, unter sich statt über sich, sühlen ihn unter ihren Händen, sich selbst als Herrn darüber. Jene Noth ist zuerst vollends klarzustellen, und einer, vielleicht gerade ein munterer Bursche, der sonst mehr Mutterwitz als Lerulust zeigt, mehr Freude am Spielplatz als an den Schulbänken, bringt heraus: keiner und keine kann man doch nicht auf einmal sagen! Anch Späße, die sich darbieten, sollte man dabei nicht zurückweisen, denn in dieser Verfassung der gespannten Seele nützen sie statt zu schaden; hier z. B. würde die letzte Klarheit gerade dadurch kommen, daß man wirklich keiner nnd keine zugleich zu sprechen versuchte, so rasch sich das auch als lächerliche Unmöglichkeit herausstellen würde; eben das Lachen aber würde in der Seele sozusagen den letzten abschließenden Beweis vollziehen. Nnn fühlen die Schüler auf einmal volles, reiches Leben hinter den sonst langweiligen, kleinlichen sprachlichen Dingen, ja gleichsam persönliches Leben, der Sprach- geist tritt unter sie, mit eben solchen Gedanken wie sie selbst haben, wie emer von ihnen, nur unsichtbar und riesengroß, oder sie sehen jene geheimniß- volle Hand, die einst die Sprache gleichsam geordnet und gebildet hat. Endlich M es Zeit, au dem Falle das Wesen des Neutrums klar zu machen, das ja Mcht etwa ein drittes Geschlecht darstellt neben dem männlichen und weiblichen (Moos ngutruin d. h.: keius von beiden), sondern eben gar kein Geschlecht bezeichnet, d. h. das Geschlecht unbezeichnet läßt, das also an sich doch auch eintreten kann, wo eins ist, wenn es nur eben nicht bezeichnet werden soll oder rann. Freilich fällt damit ein übles Licht auf den gewöhnlichen deutschen Schulnamen sächliches Geschlecht, der recht unpassend ist; aber auch das schadet uicht, ia es nützt, wäre es auch nur, daß die Knaben auch auf solche Diuge das prü- mrde Auge selber richten lernen, oder daß sie fühlen lernen, wie man im Manien nicht die ganze Sache sucheu muß, und das ist ein gewaltiger