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Giuseppe Parini.
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als armer Sterblicher bescheiden unter die Diener gemischt beiwohnt, den Ge­sprächen über Reitpferde, Degengriffe, Gastmähler und ähnliches zuhörend. Auch hier bewährt Parini seine Kunst, Kleinliches und Triviales zu glorisiciren und dadurch lächerlich zu machen, doch verliert dieses Mittel durch seine stete Wiederkehr schließlich doch an Wirkung und ist in den beiden letzten Gesängen bisweilen nicht ohne eine gewisse Gewaltsamkeit angewandt worden. Als einen weiteren Fehler hat es Fvscolo mit Recht bezeichnet, daß Parini, der außer Mailand nie eine andere Stadt gesehen, mitunter einen allzu engen Gesichts­kreis zeigt, iudem er oft großes Aufhebens von Dingen macht, denen ein mit der Welt vertrauter keine Aufmerksamkeit schenken würde. Diese Mängel ver­schwinden indeß vor dem reichen Gehalte des Gedichts und der Originalität der Darstellung, die nirgends Anleihen macht, sich fern hält von den nach Horaz' Vorgange so beliebten Sentenzen und epigrammatischen Aperyus und als Ganzes genossen sein will.

Auch die Form des Gedichts trägt ein durchaus künstlerisches Gepräge. Italienische Kritiker haben behauptet, daß gereimte Verse mehr Wirkung erzielen würden als der von Parini gewählte reimlose fünffüßige Jambns. Dem ist entgegenzustellen, daß der dramatische Vortrag, der in dem Ganzen eingehalten ist, uud ebenso der dem Alltagsleben entnommene Stoff geradezu auf diese Form hindrängt, mit deren Anwendung der Dichter übrigens sich seine Aufgabe durch­aus nicht erleichterte. Reimfreie Verse (vm-si soiolti) stellen im Italienischen ganz andere Anforderungen als die bekannten strophischen Formen und waren vor Parini, wenngleich schon im 16. Jahrhundert von Trissino, Ruccellai und anderen angewandt, doch nur in MartellisFemia" so gehandhabt worden, daß Parini sich für seine Zwecke Raths erholen konnte. Mit welchem Erfolg er dies that, beweist am besten das Urtheil Jnnocenzo Frugonis, der, obwohl er allgemein als Meister in der Behandlung des vsrso seiolto galt, nach der Leetüre desMorgens" von sich gestand, nie Gutes in dieser Versgattnng ge­leistet zu haben, und mit Parini in briefliche Discussion über den Gegenstand eintrat. Daß Cesarotti, der geniale Uebersetzer des Ossian, Leopardi, Ugo Fos- colo und andere Neuere, die den Vsrso solollo in Italien erst eigentlich populär gemacht haben, dem Beispiele Parinis sehr viel verdanken, kann keinem aufmerk­samen Beobachter entgehen.

Ein ähnliches Thema wie in seinem poetischen Hauptwerke behandelte der Dichter in einem in Prosa verfaßten, unverkennbar an Lukian sich anschließenden Dialog: Dells. nodiltZ., in welchem zwei Todte, ein Aristokrat und ein armer verhungerter Poet, im Grabe über das gesellschaftliche Kastenwesen disputiren nnd es dem letzteren, der mit schneidendem Sarkasmus der Eccellenza alle ihre Vornrtheile der Reihe nach als solche darlegt, am Ende gelingt, dieselbe zu be- Grenzboten III. 1380. 29