Beitrag 
Preußen und die Türkei.
Seite
206
Einzelbild herunterladen
 

206

dem steht. Uebrigens ist noch nichts davon bekannt, daß unsere Regierung jetzt in ähnlicher Weise, wie sie dem Sultan einige von ihren Civilbeamten zn über­lassen gewillt ist, auch sich bereit erklärt habe, ihn: Offiziere abzutreten, ge­schweige denn, daß sie geneigt sei, ihmGeneralstabs - Offiziere" zu leihen oder sonstwie zu überlasseu. Denn so viel Wohlwollen sie auch der Pforte entgegen­trägt, uud wie sehr sie auch im Einvernehmen mit Oesterreich-Ungarn ein bal­diges Erstarken derselben wünschen muß, die Haltuug der Türken ist gegenwärtig nicht dazu geeignet, ihnen irgend welche militärische Unterstützung direct oder indireet cmgedeihen zu lasse«.

Das erste und oberste Bestreben des Reichskanzlers ist Erhaltung des Welt­friedens. Derselbe sollte durch den Berliner Congreß, der den Vertrag von San Stefanv in eine für Europa erträgliche Form brachte, auf feste Füße ge­stellt werdeu. Die Confereuz, welche die türkisch-griechische Grenze regelte, diente dem gleichen Zwecke. Die Pforte verlor dadurch au Land und Leuten, gewann aber, wenn sie sich fügte, den guten Willen der Mächte, sie bei Erhaltung des immerhin noch sehr ansehnlichen und lebensfähigen Restes nach Möglichkeit zu uuterstützeu. Sie fügte sich nicht, versuchte in Albanien Montenegro ge­genüber Winkelzttge und wird vermuthlich ans die Collectivnote in Betreff Griechenlands ausweichend oder, falls sie in die ihr empfohlene Abtretung willigt, mit dem Hintergedanken antworten, den sich zur Oceupation des ihnen zuge­sprochenen Gebietes cmschickeuden Griechen durch die von ihr aufgestachelten und bewaffneten Arnauten entgegen treten zu lassen, also gegen den Beschluß der Großmächte indireet Krieg zu führen. Jedenfalls wird sie die Angelegenheit mit der Hoffnung: intsrim alicMd tit, vielleicht Habens die übrigen Mächte nicht >ilig, vielleicht trennen sie sich demnächst in ihren Anschauungen uud Entschlüssen, und wir kommen um die Sache herum, zu verschleppen trachten. Das würde aber sehr unklug sein. Nicht bloß Herr Gladstone, sondern alle Mächte wünschen die endliche Ausführung der Berliner Beschlüsse von 1878 uud 1880, und alle verlangen, daß die Pforte im Interesse des Friedens die ihr zugemutheten Opfer bald und vollständig bringe. Das Recht Europas auf Friede» geht unter allen Umstünden dem Rechte der Türken auf eiuige epiroti- sche und thessalische Städte und Landschaften vor, znmal die Griechen keine Slaven sind und den Velleitäten des Slaventhums auf der Balkanhalbinsel diametral entgegengesetzte Interessen haben. Die Türkei wird demzufolge preu­ßische Offiziere so lange nicht bekommen, als sie sich den Wünschen der Mächte nicht willfährig zeigt.

Damit hängt die Stellung zusammen, welche die deutsche Regierung, immer im Einklang mit der ihr verbündeten österreichisch-ungarischen, den Vorschlägen gegenüber einnimmt, die Pforte zur Erfüllung der griechischen Ansprüche im