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Lebende Bilder : eine ästhetische Studie.
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ist das Stellenlebender Bilder". Es würde auffällig sein, daß ein so lange Vorbereitungen kostendes und in schroffem Gegensatz dazu so kurz dauerndes Vergnügen immer wieder so großen Beifall und zwar in erster Linie bei den Ausführenden selbst findet, wenn nicht die sehr begreifliche Freude, die eigene liebe Persönlichkeit in vortheilhafter Weise zur Geltung zu bringen, sich als leichte Erklärung darböte. Hieran ethische Betrachtungen, die etwa gar moralische Wendung nehmen könnten, zu knüpfen, ist nicht unsere Absicht. Wir wollen nur die ästhetische Seite der Frage hervorkehren, die schon der Name an die Hand giebt. Das Bild ist nicht lebendig im natürlichen Sinne des Wortes; das Leben gestaltet sich nur selten und dann nur in einzelnen Momenten zum Bilde, wenn wir diesen uneigentlichen Ausdruck dann überhaupt gebrauchen dürfen. Inwiefern ist nun eine Verbindung dieser beiden sich ursprünglich aus­schließenden Begriffe denkbar, und welche Stellung ist der Verkörperung dieser Verbindung von Seiten der ästhetischen Betrachtung anzuweisen?

Der in mancherlei Bedeutung gebrauchte AusdruckBild" kann hier nur in der ästhetischen Auffassung genommen werden, wie er sich am leichtesten aus dem Gegensatze zu dem oft mit ihm verwechselten AusdruckAbbildung" ergiebt. Die Abbildung ist eine durch irgend ein technisches Verfahren hervorgebrachte Wiedergabe irgend eines sichtbaren Gegenstandes, mag dieser der Natur oder der Kunst angehören; das Bild dagegen schließt den Begriff der ästhetischen Auffassung und Verarbeitung des Gegenstandes in sich, wie er sich am deut­lichsten in der künstlerischen Wiedergabe eines sichtbaren Gegenstandes kundgiebt, wie er aber auch schon in einer nach dieser Richtung hin sich vollziehenden subjeetiven und im Subject bleibenden Auffassungsweise hervortreten kann. Das Wesen der ästhetischen Auffasfung beruht aber darauf, daß eine Reihe von Einzelerscheinungen unter einem bestimmten, der Eigenart des Individuums entspringenden Gesichtspunkte zusammengefaßt und zu einem neuen Ganzen mit einheitlicher Wirkung auf die Empfindung verbunden werden. Zu diesem Zwecke müssen sie aus ihrer sonstigen Verbindung abgelöst und, als ob sie sonst mit der übrigen Welt keinen realen Zusammenhang hätten, zu einer neuen, selbständigen Existenz erhoben werden. Fassen wir eine Landschaft ästhetisch auf, fo lassen wir alle Beziehungen auf Bodenbeschaffenheit, Ertragsfähigkeit, Nährwert!) der Pflanzen, ihre Erhaltungs- und Fortpflanzungsbedingungen, die landwirtschaft­liche Bedeutung von Wasser und Wald, Berg und Thal nnd alle anderen, je nach der Art der Betrachtung möglichen Erkenntnisse und Beziehungen der Einzelerscheinungen bei Seite und beschränken uns darauf, ihre Formen und Farben in uns aufzunehmen. Sind diese zufällig so günstig gestaltet, daß sie in Beziehung zu einander zu treten scheinen, ja daß es vielleicht so aussieht, als seien steigernde so vertheilt, um den ganz bestimmten Eindruck der Zusammen-