— 176 —
die Erziehung eines wichtigen Theiles unseres Volkes anvertraut ist, wenn auch unbewußt, darauf hin, uns zu Römern und Griechen — in ihrem Sinne! — umzuschaffen, dieselben, die es als die heiligste Pflicht betrachten sollten/die endlich in ihre Rechte wieder eingesetzte deutsche Art, die doch so sehr noch der Kräftigung von innen heraus bedarf, zu stärken und echtes Deutschthum in rechter Weise zu fördern. Denn wahrlich schlecht ist unserer Zukunft mit der Pflege jenes unwahren Deutschthums gedient, mit dem der patriotische Heißsporn jüngster Tage so ungeberdig prahlen durfte. Wie früher die blinde Vorliebe für alle fremdländische Bildung, mochte sie klassisch-antik heißen oder im verführerischen Gewände modernen Frauzosenthums an uns herantreten, naturgemäß zur Selbsterniedrigung führen mußte, so könnte der Taumel selbstberäuchernder Ueberhebung uns in eine Ueberschätzung des Nationalen stürzen, die nicht minder unheilvoll werden könnte als jener ausländische Götzendienst, der wenigstens zum Theil überwunden ist.
Aus politischer Erniedrigung haben wir uns aufgerafft, aber unsere Bildung trägt noch die schmachvollen Zeichen langer geistiger Knechtschaft an sich. Was uns zur geistigen Freiheit verhelfen kann, was unsere Würde als Nation, unsere Ehre gebieterisch fordert, das ist eine Reinigung unseres Bildungslebens in Empfinden und Denken von den nachtheiligen fremden Bestandtheilen, die unserem Volke noch den Stempel der Unmündigkeit aufdrücken. Es ist das einfache Gebot der Selbstachtung, ja der Selbsterhaltung, daß wir endlich Ernst machen und die nicht bloß verunstaltende, sondern auch gesundheits- zerstöreude Bettlertracht, mit der wir uns seit Jahrhunderten zum Spott für unsere Nachbarn aufputzen, von uns werfen. Im Bereiche der Wissenschaft ist gewonnen, was Männer wie Jacob Grimm in heißer Liebe zum Vaterlande ersehnten und hofften, daß dereinst neben den viel verehrten Sprachen der Griechen und Römer die Muttersprache und mit ihr deutsche Art gleich geachtet dastehe. Das Franzosenthum, das uuser deutsches Wesen lange genug vergiftet hatte, war in der Theorie seit dem nationalen Aufschwünge von 1870 ans dem deutschen Lande verjagt, bis es plötzlich wieder in der ekelhaften Form des „Zolaismus" über die Grenzen geschmuggelt wird, um Tausenden das entehrende Joch geistigen und sittlichen Sclaventhnms aufzubürden.
Während sich im äußeren, im politischen Leben eine Art Neugeburt des Deutschthums, wenn auch zaghaft genug, zu vollziehen begonnen hat, tritt dieselbe im Wichtigsten, im Gemüths- uud Bildungsleben, nur verschämt auf. Und doch ist gerade hier, wenn irgendwo, eine Wiedereinsetzung des Deutschthums dringend von Nöthen. Wie das geschehen kann, auf diese Frage hat die Geschichte unserer Vergangenheit die richtige Antwort längst gegeben. Das äußerlich „ueugeboreue Deutschlaud muß innerlich sich selbst wiederfinden durch er-