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Truppentheile und des Heeres über, behandelt die Aushebung derselben, die Befehlshaber, Jnsignien, Lagereintheilung uud Ordnung, Gepäck, Verpflegung, Transportmittel, die ersten Anfänge der Kriegstelegraphie, die Befestigungen: Städte, Castra, Castelle, Burgen nnd den Belagerungskricg. Seewesen und Hafeneinrich- tungen endlich machen den Abschluß. Besonders reichhaltig ist der Abschnitt geworden, in welchem Jähns über die Heerstraßen, Colonicn, Waffenplätze und Grenz- cinrichtnngen des römischen Reiches in den Provinzen nördlich von den Alpen spricht. Auch in diesem Handbuche haben wir ebenso wenig wie im Atlas eine Lücke von Bedeutung gefunden. Vermißt haben wir nur, daß bei der Darstellung des römischen Heeres in der späteren Kaiserzeit die v-MM-aet!, elibmiarü, ooi-nuti, w-aoe^ti u. s. w. nicht erwähnt und nach ihrer Stellung im Heere geschildert werden.
Wir sind überzeugt, daß die vorliegenden Werke, abgesehen von den Anstalten, für welche Graf Moltke sie zur Anschaffung empfohlen hat, auch in den Bibliotheken der Gymnasien und Realschulen als treffliches Hilfsmittel für den historischen Unterricht wie bei der Lectüre der Alten am Platze sein werden.
Geschichte der Wiedertäufer und ihres Reiches zu Münster. Von Dr. Ludwig Keller. Münster, Coppenrath, 1880. Es giebt Wohl wenige Ereignisse in unserer vaterländischen Geschichte, die so allgemeines Interesse erwecken, wie das Trauerspiel, das sich an das Aufkommen und den Untergang der Wiedertaufe knüpft. Freilich ist jene religiös-politische Bewegung, welche au den verschiedensten Orten ihren Anfang nahm, allmählich wachsend in der Hauptstadt Westfalens ein neues Jerusalem schuf und nach kurzem Siege in ein unerhörtes Comödienspiel ausartete, das ein holländischer Schneider vor seinen Genossen und vor der Welt anrichtete, weder durch Mannigfaltigkeit der wirkenden Kräfte noch durch die geistige Bedeutung ihrer Theilnehmer ausgezeichnet; aber an Schwung der Bewegung, Größe des Zieles und Vollkommenheit des Umsturzes steht sie entschieden den vielbcschriebmen gleichartigen Weltereignissen nicht nach, „und die Stärke der religiösen Begeisterung, der Todesmuth begabter Mänucr, die Größe der Vcrirrungen und die schweren Schicksale, die sich in rascher Aufeinanderfolge vollziehen, erwecken in jeden: empfänglichen Gemüth das lebhafteste Mitgefühl."
Eine unparteiische und zuverlässige Darstellung des Münsterischen Aufruhrs war eiu Bedürfniß. Von den letzten Bearbeitungen, um der älteren nicht zu gedenken, erzählt Jochmus (Geschichte der Kirchenreformation zu Münster und ihres Unterganges dnrch die Wiedertäufer. Münster, 1825) das Erciguiß, ohne auf den Zusammenhang der Münsterschcn Wiedertäufer mit den zahlreichen Secten, die ihnen nahe standen, einzugehen. Hast (Geschichte der Wiedertäufer von ihrem Entstehen zu Zwickau in Sachsen bis auf ihren Stnrz zu Münster in Westfalen. Münster, 1836) stellte ihre Lehren wie ihre Bestrebungen im Zusammenhange mit den übrigen Zielen der Zeit dar, aber seiue Erzählung beruht für die Schilderung der Münster- schen Katastrophe, wie die seines Vorgängers Jochmns, lediglich auf dem Werke Hermanns von Kerssenbroik, das lange Zeit als die beste Quelle betrachtet wurde. Nun war Kerssenbroik freilich als Knabe Augenzeuge des Beginns jener Umwälzung gewesen. Es war ihm auch später, als c-r Rector der Mllnsterschen Domschule war, möglich, die verschiedensten Quellen, zumal schriftliche Documente, für sein Geschichtswerk zn benutzen. Aber, obgleich ein gebildeter und kennntnißreicher Mann, verstand er es doch nicht, jene Bewegung in ihren Anfängen, ihrem Fortschritt uud Ausgang aufzufassen, und da er sie überdies ans einem doppelten Grunde mißbilligte, weil sie eine cmtikatholischc und weil sie eine Volksbewegung war, war er