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kann, das liegt an semer geographischen und politischen Stellung, nicht an seinen Institutionen, die man nie in der Art wird gestalten können, um jenes Bedürfniß uns nur in dem Grade wie allen anderen Völkern zu einem Lebensbedürfniß zu machen.
Der Bundesrath hat den Antrag Preußens der Geschäftsordnnngs-Commission überwiesen, welche ihrerseits die Revision vielleicht noch weiter erstrecken wird, als uns die Punkte, welche der Antrag bezeichnet hat. Schwerlich wird die Angelegenheit bei der Erledigung ans Schwierigkeiten stoßen, und man braucht sich einstweilen um dieselbe keine Sorge zu machen. Dagegen sollte man sich immer aufs neue erinnern, daß der Reichstag noch ein nicht gerade großes, aber sehr bedeutnngsvolles Stück Arbeit vor sich hat: die Erledigung der beiden Gesetzvorlagen über die Brausteuer nnd über die Reichsstempelabgaben. Ueber die Wehrsteuer ist noch alles still; es scheint, daß dieselbe noch nicht über das Stadium der Erwägungen im prenßischen Staatsministerium hinausgelangt ist.
Wie dem auch sei, man muß sich erinnern, daß die Steuerreform, deren Kern die Beseitigung der preußischen Classensteuer und die Ueberlassung der Preußischen Grundsteuer an die Gemeinden ist, uus keine Ruhe laßt.
Es ist Blindheit oder böser Wille, in der Verfolgung dieses Zieles eine Laune des Kanzlers zu sehen. Die preußische Classensteuer ist eine grundverderbliche Steuer, und heute, wo die Seßhaftigkeit der unteren Bevölkernngs- classen immer mehr schwindet, wirkt sie noch verderblicher, als sie in Zeiten gewirkt hat, die man in Bezug auf den allgemeinen Wohlstand niedriger veranschlagt als die Gegenwart. Aber auch mit der Ueberlassung der Grundsteuer an die Gemeinden wird es die höchste Zeit', weil die Gemeinden ohne diese Quelle, aus der die LocalbSteuerung am natürlichsten und nachhaltigsten schöpft, zu den in ihren Händen verderblichsten Mitteln der Besteuerung greifen müssen.
Es handelt sich bei dieser Reform nicht bloß um preußische Interessen. Einmal ist Preußen der größte und wichtigste Theil des Reichs, und seine Interessen sind, selbst wenn sie sich auf Preußen beschränken, nicht partikulare Interessen, sondern Lebensinteressen des Reichs. In dem vorliegenden Falle findet aber die Beschränkung auf Preußen gar nicht statt. Alle Bundesstaaten bedürfen der Entlastung durch Steuerquellen, welche allein das Reich ergiebig und ohne Schaden des Ganzen verwalten kann. Weil also die Steuerreform so dringlich ist, darum muß die Eröffnung der in die Reichshand zu legenden Quellen ohne weiteren Verzug iu Angriff genommen werden. Weun der Reichskanzler, durch körperliche Leideu verhindert, bisher im Reichstage nicht erschienen ist, so wird er bei den Finanzdebatten gewiß erscheinen, wenn er irgend kann. Es bedarf, um deu Verzicht des Staats auf uuzuträgliche Steuern zu ermöglichen, nicht mehr allzu großer Opfer auf der anderen Seite. Denn das Deficit aus