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gegenstände der auswärtigen Politik anders als Granville, nnd Gladstone unterscheidet sich in seiner ganzen Auffassung der Dinge sowie in seinem Temperament nicht unwesentlich von Beiden. Man darf bezweifeln, ob dieselben Politiker, die beim Angriff auf den Gegner einig waren, es auch hinsichtlich der Grundsätze, nach denen nach dem Siege verfahren werden soll, und der Wege, die zunächst betreten werden sollen, sein werden.
Ferner wird sich zweifelsohne auch hier das Sprichwort bewahrheiten, nach welchem keine Suppe so heiß gegessen zu werden Pflegt, als sie gekocht worden ist. Männer in der Opposition dachten immer anders und werden in aller Zukunft immer anders denken und handeln als dieselben Männer, wenn sie zur Regierung gelangt waren, bez. gelangen werden. Es ist mit ihnen wie mit Kronprinzen, die liberale Anschauungen und Neigungen zeigen, so lange sie eben Kronprinzen und nicht regierende Fürsten sind, welche mit den Thatsachen zu rechnen und nach ihnen zu handeln haben, und welche für ihr Thun der Gegenwart und der Geschichte verantwortlich sind. Der praktische Politiker hat hier immer mir einen ziemlich eng begrenzten Spielraum für die Theorien und Bestrebungen der Partei, der er angehört, und in unserm Falle ist die Grenze durch die Interessen Englands ganz besonders eng gesteckt.
Der Marquis of Hartingtou sieht den Zustand des Orients in außerordentlich trübem Lichte. Nach seinen Reden kann ein sehr unbedeutend scheinender Zufall die Lösung der den Orient betreffenden Fragen, die in Berlin gefunden wurde, wieder ungeschehen machen. Er hat geäußert, daß England, wenn die liberale Partei ans Ruder käme und den Curs des Schiffes zn bestimmen hätte, darauf verzichten würde, die Integrität und Unabhängigkeit der Türkei zu vertheidigen, wenn diese nicht die nöthigen und von Europa verlangten Reformen ausführe. Das Erstere ist soweit richtig, als der Berliner Vertrag nur einen nroclus vivsocli geschaffen hat; aber die Weisheit Europas hat darin zu bestehen, ihm eine möglichst lange Dauer zu erhalten. Und was die türkischen Reformen betrifft, so liegen sie allerdings im Interesse der Pforte, aber das letzte und höchste Interesse Englands liegt nicht in ihnen, sondern darin, daß die Türkei, gleichviel ob reformirt oder nicht, in ihrem territorialen Bestände erhalten und von Rußland möglichst unabhängig bleibt. Die Reformen werden zu ihrer Ausführung -vieler Jahre bedürfen, schon weil sie Geld erfordern, und die Türkei keins mehr hat, dann weil ihnen die türkische Beamtenwelt nach ihrer Gewohnheit und in ihrem Interesse alle erdenklichen Hindernisse in den Weg legen wird, und das energische staatsmämnsche Genie bis jetzt mangelt, daß solchen Widerstand allein zu brechen im Stande wäre. Wollte sich England in der Zwischenzeit nicht um die Türkei bekümmern und Rußland freie Hand lassen, so würde die Krisis vermuthlich sehr bald beginnen, und England müßte dann,