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Dorfes, in welcher sich zwanzig Offiziere, Mobilgarden und Franctirenrs verschanzt hatten, thatsächlich eine sehr untergeordnete Rolle. Der Maler hat eine Art von Thermopylae daraus gemacht und eine ganze Division der preußischen Garde auf die Beine gebracht, um die französischen Leonidasse überwältigen zu lassen. Aus unseren strammen Gardisten, aus unsern schön gewachsenen, eleganten Gardeoffizieren hat der Maler klobige, uugeschlachte Gesellen mit dicken Schädeln, Glotzaugen und breiten Mäulern gemacht, während seine Landslente wahre Ausbünde von Schönheit, Ritterlichkeit und Wohlerzogenheit sind. So lächerlich jene Prätension und diese Malicen sind, die specifisch künstlerischen Vorzüge dieses Bildes sind außerordentlich. Eine Lebendigkeit im Ausdruck und in den Bewegungen, eine Schärfe der Beobachtung, eine Wahrheit und Kraft des Tons und eine Sicherheit der Zeichnung, die in ihrer Vereinigung eine Wirkung ausüben, der sich nicht leicht Jemand entziehen kann.
Beide Bilder sind zur Zeit, wo ich diese Zeilen schreibe, in Berlin ausgestellt und fordern zu Vergleichen förmlich heraus, die für Piloty keineswegs schmeichelhaft find. Neben dem Franzosen spielt sein Bild eine klägliche Rolle. Anfang und Höhepunkt derselben künstlerischen Entwicklung sind in zwei handgreiflichen Beispielen in unmittelbare Nähe gebracht. Dort der Begiuu, hier die Blüthe realistischer Kunstweise. Unter diesen historischen Gesichtspunkten betrachtet erscheint uns dann freilich das Bild Pilotys wiederum in günstigerem Lichte, und wenn die vierschrötigen Burschen auf dem Gemälde des Franzosen berechtigte patriotische Gefühle verletzen, ist es nicht unangenehm, auf das Bild Pilotys zu blicken, der seinerseits Revanche geübt und die Helden der französischen Revolution in ihrer wahren Gestalt, als Bestien, gezeigt hat.
Um das Bild von Pilotys künstlerischer Thätigkeit abzuschließen, bedarf es noch eines Hinweises auf seine Portraits, unter denen die des Grafen Schack und des Grafen Palffy die bedeutendsten sind, und auf seine Illustrationen besonders zu Shakespeare und Schiller, seinen Lieblingsdichtern, die theils selbstständig in sogenannten „Galerien", theils durch den Holzschnitt reproducirt in Prachtausgaben jener Classiker erschienen sind.
Für die Geschichte der Malerei ist Pilotys Thätigkeit als Lehrer ungleich wichtiger als seine eigenen künstlerischen Schöpfungen. Sein eminentes Lehrtalent hat nicht bloß die Münchener Schule zwanzig Jahre lang vollkommen beeinflußt; auch aus dein Auslande, aus Schweden, Nußland und Griechenland, besonders aber aus Oesterreich, kamen Kunstjünger, um sich unter seiner Leitung etwas von dem leuchtenden Glänze seiner Palette cmzneignen. Es ist bekannt, bis zu welchem Grade von Virtuosität Hans Makart das Pilotysche Colorit ausgebildet hat, wie er die halbe Welt, selbst ganz vernünftige Leute, Wer seine geistige Hohlheit, sein leeres Maskenwesen hinweg getäuscht und