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damaligen Welthandelsstadt, vom Rothen Meere aus nach Ostasien unternahmen. Im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung hatte die jüdische Diaspora die Alpen überschritten und sich anch von Gallien her nach Germanien verzweigt. Wir treffen zu jener Zeit Spuren von ihr in einigen Orten am Rheine an. An der oberen Donau werden ihre Pioniere damals auch nicht gefehlt haben. In: Mittelalter drangen sie allenthalben in Centraleuropa und im Osten bis über die Weichsel hinaus vor. Endlich ließen sich in den letzten fünfzig Jahren zahlreiche Juden auch iu Nordamerika nieder, und selbst in Australien giebt es gegenwärtig Gemeinden derselben.
Wir behalten uns vor, Einiges hiervon ausführlicher in einem oder zwei weiteren Abschnitten darzustellen, in denen gewisse Partien der Geschichte der jüdischen Diaspora in Europa besprocheu werden sollen.
Gegenwärtig wird sich die Gesammtzcchl der Jnden, wie bemerkt, ans etwa sechs Millionen belaufen, von denen höchstens der sechste Theil auf außereuropäische Länder fallen kann. Wir wenden uns zunächst den letzteren zu, bemerke» jedoch vorher zum Verständniß noch Folgendes. Die jüdischen Gemeinden Polens und gewisser Provinzen Rußlands bis nach Sibirien hin, von denen, da sie als Stamm-Mütter der meisten unter uns lebenden Semiten zu betrachten sind, in einem späteren Kapitel dieser Untersuchungen ein Bild gegeben werden soll, und ebenso die in Posen, Galizien, Ungarn und den unteren Donauläudern bis ungefähr nach Galacz hinab, bedienen sich im Verkehr untereinander eines niit einer Anzahl hebräischer Worte vermischten Deutsch und nennen sich deshalb Aschkenasim, von Aschkenas, ursprünglich Norden, dann Deutschland. Dagegen sprechen die Juden im Süden der europäischen Türkei, in Kleinasien, Syrien, Aegypten, Tunis, Tripolis, Algerien und Marokko, soweit sie nicht, wie es in Palästina und Konstantinopel zum Theil der Fall ist, aus neuerdings von Osteuropa eingewanderten Elementen bestehen, ein verdorbenes Spanisch und werden deshalb sowie wegen ihrer Abstammung von den 1492 aus Spanien und 1496 aus Portugal vertriebenen Jsraeliten Sephardim, Spanier, genannt.
Die Zahl der in Asien lebenden Jnden wird — ohne Zweifel viel zu hoch — auf 750000, die der in Afrika angesiedelten — wahrscheinlich zu uiedrig — auf eine halbe Million veranschlagt; in Amerika sollen sich jetzt etwa 150 000 niedergelassen haben.
Im Nachstehenden geben wir zuvörderst einige Notizen aus dem, was wir durch neuere Reisende von den Juden in den Mittelmeerländern, im östlichen Asien, in Arabien, in Nordafrika und in Havesch wissen.
Ueber die Levante, finden wir in Frankls Reisebuch „Nach Jerusalem" Auskunft nach Notizen, die der Verfasser meist an Ort und Stelle gesammelt hat, die aber freilich nicht durchaus zuverlässig sind. Wenigstens macht die offenbar übertriebene Behauptung, daß auf Korfu 4000 und auf der Insel Zante 2000 Juden leben, bedenklich auch hinsichtlich anderer Zahlen. Die Majorität der ionischen Jsraeliten besteht aus Sephardim und nährt sich, wie bei uns und fast überall, vom Handel;