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in der Wissenschaft ist freier Forschgeist belebt, wie noch nie, und in der Kunst, der schönen und der nützlichen, regt sich ein jugendliches Streben. Dies Alles fordert uns auf und verpflichtet uns, eine Zeitschrift des Menschheitlebens innerhalb der Schranken dieses Zeitalters und in der eigenthümlichen Gestalt desselben, jetzt zu unternehmen, damit diese wesentliche Idee in schönerer Zukunft durch geselligen Fleiß schöner und umfassender wirklich werde." Dann beginnt die erste Nummer der Zeitschrift mit dem „Glauben an die Menschheit": „Ich glaube an Eine Menschheit des Weltalls, die ursprünglich und ewig in Gott ist; in Vernunft und Natur bestehend, die Einheit beider in Gott; von Gott geliebt, Gott liebend; das innigste Wesen Gottes; in Wechselleben mit Gott, mit Vernunft und Natur als Ein Ganzes und in allen Sonnenbauen eigenthümlich, vollendet." Hierauf folgt der Glaube „an die Menschheit der Erde, an den Einzelmenschen und seine UnVollkommenheit; an die Befreiung dieser Erdenmenschheit von allem Unmenschlichen, allem Uebel, Jrrsal und Laster; an die Vereinigung aller Menschen dieser Erde in Einen Gottinnigkeitsbund, in Einen Tugendbund, Einen Rechtbund und Einen Schönheitbund; Wissenschaftbund, Kunstbund und Selbbildungsbund; an die Vollendung des Menschheitlebens auf Erden als Eines wolgeordneten, gottähnlichen Ganzen, und an Einen Menschheitbund, welcher einst alle Menschen der Erde, als ganze Menschen, in Eine Menschheit vereinen wird, bis ans Ende ihrer Lebenzeit auf Erden. Und an das künftige Leben der Menschheit dieser Erde im höheren Ganzen des Weltalls. Denn Gott ist in ewiger Liebe, überall mit seiner Menschheit; auch diese Erde und d i e s e Menschheit sind sein Werk und Leben; was Gott beginnt, das führt er herrlich aus." In Nr. 19 stellte er einen Versuch auf, die Gebote der Menschlichkeit an den einzelnen Menschen auszusprechen; dem ersten: „Du sollst Gott erkennen, anbeten, lieben und heilig halten!" folgen elf andre, und dann noch eine Reihe von besonderen Geboten und Verboten; die letzteren lauten: „Du sollst nicht hochmüthig sein, noch ein Selbstling, nie träge sein, nie lügen, nie heucheln, nie dich verstellen u. s. w. dem Bösen sollst du nie Böses entgegensetzen, sondern nur Gutes, und dem Uebel, welches dir widerfährt, sollst du nicht Zorn entgegnen, sondern in ruhiger Ergebung in Gott überwinden!"
Diese Gedanken waren freilich für die große Menge zu abstract und zu hoheitsvoll; je gedankenreicher die Zeitschrift war, desto wenigere fanden sich, die sie lesen wollten. So hatte das Unternehmen keinen Erfolg und wurde bereits nach dem ersten Quartale aufgegeben. Die Zeit eines Bundes, der die ganze Menschheit verknüpfen sollte, war nicht so nahe, wie Krause glaubte. Wie seine nächsten Freunde über diese Ideen dachten, zeigt folgender Brief des Grafen Geßler vom 9. Januar 1811: