zu als „die Production von Sicherheit". Das heißt, wie der Verfasser unsrer Schrift richtig bemerkt, „die ganze Weisheit und Kunst des Regierens besteht darin, daß der Staat auf Kosten des Volkes den Nachtwächter für die ^Verwalter des Nationalreichthums^ macht" — die, wie wir hinzufügen können, bald nur noch aus Börsenjuden bestehen werden. Der Mitbürger, der nichts hat, mag umkommen, gleichviel, 'ob er brav und fleißig gewesen ist, seine Kinder mögen verhungern, wenn er ihnen kein Brot schaffen kann; denn so will es das „Naturgesetz des freien Marktes", welches keine Solidarität und somit auch keine Nation kennt. Und das nennt man in Deutschland Nationalökonomie, das will Wissenschaft sein!
Die Quintessenz der manchesternen Weisheit lautet: Ziel der Wirthschaft ist Erwerb uud Vermehrung von Tauschwerthen, Giltern, Reichthümern. Das Geld ist Zweck, der Mensch nur Mittel zum Zweck. Was nicht Tauschwerthe schafft, ist nicht productiv. Die Consequenz dieser Abgeschmacktheiten ist, wie Fr. List sagte, daß die Schweinezüchter productive, die Erzieher von Kindern unvroductive Elemente der Gesellschaft find. Welche Rolle die Moral in einer derartigen Wissenschaft spielt, kann man sich vorstellen. Sah meint, eine Handlung könne vom moralischen Standpunkte aus verwerflich erscheinen, während sie wirthschaftlich ganz gerechtfertigt fei. Ein neuerer Nationalökonom, dessen „Gesinnungstüchtigkeit" über jeden Zweifel erhaben ist, hat (vgl. S. 127 unsrer Schrift) die Ansicht ausgesprochen, daß „die Wissenschaft der Nationalökonomie keine Kompetenz habe, über Unternehmungen (faule Gründungen und Vertrieb von Schwindelmedicin z. B.) abzusprechen, welche mit ihren Erzeugnissen geschickt auf die Thorheiten und Schwächen der Zeit speculirten, ganz gleich, ob sie auch unsägliches Unheil anrichteten. Vom Standpunkte der Wissenschaft sei jeder Betrieb rationell, welcher im einzelnen Fall die Erreichung des Zieles am meisten sichere." „Die Moraltheologie des Jesuitenpaters Gury erscheint," so äußert sich Stein hierüber, „gegen die Moral des ökonomischen Liberalismus als eine kleinliche Stümperei."
Ueberblicken wir mit dem Verfasser unseres Buches das, was die Wissenschaft der Nationalökonomie in Deutschland sonst geleistet hat, so hat er wohl nicht Unrecht, wenn er sagt: quantitativ mehr als anderwärts, qualitativ verhältnißmäßig wenig. Die deutschen Professoren sollen das System Smiths ausgebaut und verbessert haben; ihre Arbeit beschränkte sich aber fast nur auf Schematisirung und Wortklauberei. Man stritt sich über Dinge, die sür die Praxis nicht den geringsten Nutzen gewährten. Während der Kampf um das Dasein acute Form annahm und die wirthschaftlichen Interessen der Völker täglich mehr in den Vordergrund traten, ergingen sich Dutzende von „berufenen" Lehrern der Nationalökonomie in zwecklosen Betrachtungen über abstrcicte Be-