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Tafelfreuden im Zeitalter der Minnesinger.
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nicht, ob die unglücklicheil Gäste sterben oder krank werden, wenn sie selbst nur an den Tischen ihrer Herren mit besseren Gerichten bedient wird." Der Verfasser scheint zu übertreiben; denn er will vor dem Hofleben warnen; etwas Wahres wird aber doch Wohl an der Sache gewesen sein.

Die Dichter schildern uns meist nur die großen Gastereien, welche die zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten stattfindenden Hoftage oder Reichsversammlungen begleiteten, wo der Fürst seine Lehnsleute um sich versammelte, um mit ihnen Ge­setze zu berathen und in letzter Instanz schwebende Processe zu entscheiden. Dabei wurde, da das fürstliche Schloß die Gäste bei weitem nicht faßte, außerhalb desselben auf Brettergerüsten gespeist, die mit Teppichen behängen und belegt waren. Unge­heure Massen von Vieh, Wild und Geflügel, Wein und anderen Getränken wurden dabei angeschafft, wie wir aus der Beschreibung des Hoftages ersehen, den Kaiser Friedrich 1184 zu Mainz abhielt, um seinem Sohne, dem Könige Heinrich, den Ritterschlag zu ertheilen.

Zuerst gab es bei solchen Festlichkeiten ein Frühstück (pranämin, Diner), dann eine Hauptmahlzeit (osn»,, Souper). Ueber jenes berichtet Bartholomcius de Glcm- villcuErst werden die Gerichte zubereitet, Sitze und Sessel hingestellt, im Speise­saale die Tische aufgeschlagen und die Tischtücher anfgelegt. Die Gäste mit dem Herrn obenan nehmen aber nicht eher Platz, als bis alle sich die Hände gewaschen haben. Abseits setzen sich die Töchter der Herrin des Hauses, untenan die Diener. Löffel, Messer und Salzfässer werden zuerst, dann Brot und Becher auf die Tafel gebracht. Verschiedene Gerichte folgen. Die Gäste werden mit Fiedeln nnd Zithern erheitert. Die aufgetragenen Speisen zerlegen sie sich gegenseitig und theilen sie unter einander. Nach Beendigung des Diners nimmt man die Tischtücher mit den Ueberbleibseln ab, hebt die Tischplatten von den Schrägen, wäscht sich die Hände und trocknet sie ab. Dann werden Danksagungen gegen Gott uud den Gastgeber ausgesprochen und der Heiterkeit wegen immer wieder die Becher dargeboten. Nachdem dies beendet ist, legt man sich entweder zur Ruhe aufs Bett oder kann nach Hause gehen."

Beim Souper, das großartiger und festlicher ist, muß nach diesem Schriftsteller mancherlei bedacht werden.Erstens die schickliche Zeit, denn es muß weder zu früh, noch zu spät stattfinden. Das zweite ist ein passendes Local, das geräumig, anmuthig und sicher ist. Drittens des Einladenden Freigebigkeit und Heiterkeit; denn ein Souper ist nichts werth, wenn das Gesicht des Gastgebers finster drein schaut. Viertens Mannigfaltigkeit der Gerichte, auf daß, wer von einer Speise nicht mag, sogleich von einer andern kosten kann. Fünftens Abwechselung der Weine und der Becher. Sechstens artiges Benehmen der Diener. Siebentens, daß die Gesellschaft jedem der Theilnehmer ansteht. Achtens, daß die Sänger und Musiker ausgezeichnet tüchtig sind. Neuntens, daß viele Lichter brennen; denn im Dunkeln zu soupiren ist unangenehm und der Fliegen halber gefährlich. Zehntens, daß alle aufgetragenen Speisen lecker bereitet sind; denn beim Souper pflegt man nicht wie beim Diner den Tischgenossen grobe und gewöhnliche Gerichte vorzusetzen, sondern ausgesuchte, leichte und wohlschmeckende, zumal an den Höfen. Elftens muß das Souper lange dauern. Alle zu schnell genossene Speise nämlich schadet zur Nacht, und deshalb soll man gemächlich soupiren. Zum Zwölften muß jeder zum Souper so geladen werden, daß er dadurch keinen Verlust erleidet; denn es ist unanständig, nach einem freiwillig dargebotenen Mahle zur Zahlung eines Beitrags zu nöthigen. Das Dreizehnte endlich ist die Annehmlichkeit eines Schläfchens; denn nach dem Souper muß man ruhen, weil dann der Schlaf sehr süß ist, und deshalb befanden sich im Palast elfenbeinerne Betten und goldene Lagerstätten."