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und Soissons sowie den Altarwein von Tcmgou (Charente Jnferieure) für der höchsten Achtung werth erklärt. Der Wein von Epernay (kein Champagner, denn dieser wurde erst vor etwa zweihundert Jahren erfunden) rühmt sich, die Sorgen und die Gicht zu vertreiben und die Erzeugnisse von Reims und Chalons weit zu übertreffen. Der von Auxey meint, daß er mit Fräulein Langtonne von der Mosel den Kölnern das Geld aus der Tasche locke nnd ins Land bringe, La Rochelle bemerkt zu seinem Lobe, daß es die Bretagne, die Vlaminger, die Engländer, Schotten, Jrländer, Norwegen und Dänen mit Getränk versorge. Noch eine Anzahl anderer Weine suchen sich Anerkennung zu verschaffen. Die besten verhalten sich den Prahlern gegenüber schweigsam. Der Priester excommunicirt schließlich das flandrische und englische Bier, wirft seine Kerze hin und schläft nach der Probe drei Tage uud Nächte ohne aufzuwachen. Philipp aber ernennt den Cyperwein zum König und den „guten edlen Wem von Aquilat" (Aquila im Neapolitanischen oder Aguilas in Spanien?) zum Cardinal und Legaten.
Von den südlichen Gewächsen schätzte man in dieser Zeit außer dem cyprischen Weine vorzüglich den von Philippopel und den Malvasier, den die Gegend von Monembasia in der südlichen Peloponnes lieferte. Was für Sorten der Mugler, der Terrant, der Bin de Plant, der Schavernac, der Araz und der Me gewesen sind, läßt sich nicht bestimmen. Sie werden aber vermuthlich zu den italienischen Weinen gehört haben, die gegen das Ende des dreizehnten Jahrhunderts ziemlich viel in Deutschland verbreitet waren.
Ein trinkbarer Wein war damals gewiß nicht leichter zu erlangen als heutzutage. Verstanden die Weinhündler die Kunst des Fälschens auch nicht so gut wie jetzt, so klagt doch schon Berthold von Regensburg über die Betrüger, die Wasser für Wein verkaufen. Schlimmer noch war es, daß auch das unverfälschte Gewächs vieler Gegenden nicht zu genießen war. In ganz Norddeutschland, bis nach Thorn hinauf, wnrde viel Wein gebaut, er war aber ohne Zweifel entsetzlich saner, und da wir nicht berechtigt sind, unsern Vorfahren eine unempfindliche Zunge zuzuschreiben, vielmehr annehmen müssen, daß unter den vornehmen Leuten des Mittelalters der Geschmack gleichfalls entwickelt gewesen, so muß man damals den schlechten Rebensaft zu verbessern verstanden haben. Und das war in der That der Fall. Man setzte Honig und Gewürze hinzu, ließ den Wein über wohlriechenden Kräutern oder aromatischen Früchten ziehen, kurz man braute sich eine Bowle. Die gewöhnlichste Bowle wnrde aus Maulbeeren bereitet und hieß Moraz. Neben ihr machte man sich eine durch Aufgießen von Wein auf Mop, Salbei, Rosen und Kirschen. Ein anderes wohlschmeckendes Getränk war der Würzwein, der besonders mit Nelken versetzt war und auch als Medicin gebraucht wurde. Etwas Aehnliches war der aus Rothwein bereitete Lutertrank oder Claret, Die Gewürze wurden hier zu Pulver zerstoßen und mit Zucker oder Honig in ein leinenes Säckchcn gethan, worauf man sie wiederholt mit gutem Weine begoß, der die Kraft der Gewürze auszog und in ein Gefäß unter dein Säckchen allmählich ablief. Verwandt mit dem Claret war der Sinopel, der ebenfalls aus Rothwein gemacht wurde.
Nach den Briefen des Petrus Pleseutis muß man zweifeln, ob das Getränk und die Speisen, die an den Tafeln der Fürsten verabreicht wurden, immer gut waren. Er schreibt nämlich: „Ich habe zuweilen gesehen, daß den Vornehmen so verdorbener Wein vorgesetzt wurde, daß er mit geschlossenen Augen und zusammengebissenen Zähnen, mit Schauder und Widerstreben, eher geseiht als getrunken wurde." „Am Hofe wird," so fährt er fort, ,^der Menschenmenge wegen das Schlachtvieh gleichviel, ob gesund oder krank, verkauft, auch die Fische schon vier Tage alt, und doch mindern Fäulniß und Gestank den Preis nicht. Denn die Dienerschaft kümmert's