Beitrag 
Tafelfreuden im Zeitalter der Minnesinger.
Seite
250
Einzelbild herunterladen
 

250

Zu jedem Gedecke wurde bei Anordnung der Tafel Weißbrot (Simeln, unsere Semmeln) hingelegt. Das feinste Gebäck wird alsSchüsselbrot" bezeichnet. Bis- cuit war ebenfalls bekannt, und die im Lanceloet angeführtenCredemicken weiß wie Schnee" werden ein ähnliches Gebäck gewesen sein. Zum Nachtisch wurden Honigkuchen, Gewürztorten, ja gefüllte Torten, in Deutschland auch in Fett ge- backene und mit Zimmt bestreute Krapfen gegeben. Endlich wußte man auch die Pfannkuchen zu schätzen. Als Nachtisch wurde Käse gereicht. Die französischen Dichter nennen verschiedene Sorten desselben, z. B. Fromage de Gayn und de Cler- mont, auch Schafkäse. Butter dagegen scheint nur selten vorgekommen zu sein.

Das Dessert bestand aus Obst, Südfrüchten und verschiedenen gewürzreichcn Leckereien. Man hatte Aepfel und Birnen, die man sich sorgfältig schälte, Wein­trauben, Quitten und Nüsse. Auch Pfirsiche kamen bei Reichen auf die Tafel. Johaun ohne Land, der 1216 starb, hatte seinen Tod dadurch beschleunigt, daß er sich in der letzten Nacht den Magen mit Pfirsichen und Cider verdorben. Daß man auch geröstete Kastanien verspeiste, wisseu wir aus dem Parzival. Schließlich gehörten Mandelu, Feigen, Datteln, Ingwer, große Rosinen und Granatäpfel zum Dessert eines herrschaftlichen Mahles. Hervorgehoben zu werden verdient, daß die Mehrzahl der alten Dichter die Mahlzeiten mit sichtlichem Behagen schildert, ein Beweis, daß sie selbst einen guten Tisch zu ehren wnßten und bei ihren Lesern Interesse dafür voraussetzen durften.

Die scharf gewürzten Speisen erregten gewaltigen Durst, und das sollten sie auch. Ihn aber mit Wasser zu löschen, galt schon damals für despectirlich. Nur im Nothfall entschloß man sich dazu, gewöhnlich hatte man etwas Besseres zu trinken. Das Bier freilich wird in jener Zeit nicht viel werth gewesen sein; es wird, wenn es im Jwein heißt, ein Becher voll Wein stärke mehr als vierund­vierzig Becher Wasser oder Bier, Dünnbier gewesen sein. Indeß gab es in Frank­reich eine kräftigere Sorte, die Godale vielleicht das englische zooä -üe. Ferner wurde viel Meth, ein Getränk aus gegohrenem Honigwasser, getrunken, der, wenn ihm Gewürze zugesetzt waren, Bouglerastre oder Borgeraste hieß. Man bereitete daneben Wein aus Birnen und Aepfeln. Das Haupttafelgetränk aber lieferte die Traube. Rheinwein nimmt sich schon der Siegfried des Nibelungenliedes mit, als er die Fahrt nach Island antritt. Der baierische Wein stand in schlechtem Rufe, er sollte nnr jung genießbar sein. Berühmt dagegen waren der Mosel- und der Frankenwein, von denen ersterer selbst in Frankreich hoch geschätzt wurde, der Ungar, der Botzener, der Wippacher (aus Kram), der Weiße Chiavenna und der Reinfal aus Rivoglio in Jstrien, der heutzutage seinen alten Ruf gänzlich eingebüßt hat.

Ueber die damaligen französischen Weine, die beiläufig in Deutschland nicht beliebt waren, belehrt uns die L^wille cles Vins des Henri d'Andcli. Der König Philipp läßt da die besten Weine zusammenkommen. Außer den Ausländern aus Spanien und Chpern, von Piacenza und von der Mosel erscheinen die Sorten, welche die Gelände der Marne, Seine nnd Aisne erzeugt, die berühmten Burgunder von Auxerre, Chablis, Donnere, Beaune und Navers und die Weine der Charente Jnfcrieure, der Gironde und der Provenee. Als alle auf der Tafel des Königs versammelt sind, excommuuieirt ein englischer Priester feierlich die Krätzer von Beauvais, von Chalons und von Etmupes, die alle dreidie Trinker räudig machen". Auch der von Clermont ist nicht viel besser. Die Weine von Le Mcms und Tours, von Argences, Chambellay und Reimes bekommen Angst und suchen das Weite. Der Argenteuil,klar wie eine Thräne", rühmt sich, der beste von allen zu sein. Ihm widerspricht der Pierrefitte, indem er sich auf die Gewächse von Marly, Deuil und Montmoreneh beruft, während der von Meulan die von Auxerre