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Krause : nach seinen Briefen. 2.
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Träume, um nicht noch mehr Anlaß zu Unruhe zu geben. Vorgestern ging ich nach Wenburg, um den Kaiser Alexander zu sehen, der durchreisen sollte, aber nicht kam; und da erfuhr ich durch einen Freund im Vertrauen, von Dir gehe die Sage, Du habest Dich zur katholischen Kirche bekannt. Diese Worte gingen mir durchs Herz und ich war wie vom Schlage betroffen; mein ganzer Körper zitterte, und als ich aufstand, war ich wie gelähmt. Ich äußerte, das könnte ich Dir nicht zutrauen, daß Du so schlecht handeln und Dich selbst und Deinen Vater, Mutter und Schwester so schänden und entehren könntest, ich kennte Dich zu gut. Es wurde mir aber gesagt, daß es mehrere, die von Dresden zurückgekommen, für gewiß gesagt, und selbst die Brüder der Freimaurerloge sprächen mit Bedauern davon. ... Mein Herz war so voll Kummer, daß ich ohne Aufenthalt nach Hause eilte. ... Ich suchte meinen Kummer zu Hause zu verhehlen, aber man sahe mir es gleich beim Eintritt in die Stube an und fragte, was mir wiederfahren wäre? Ich verschwieg es, und verwies sie zur Geduld bis auf den rechten Zeitpunkt. Ich wußte mir keinen Trost, als darinne zu geben, daß es blosc Sage sein könnte, dix blos von Verleumdern herrühre, die Dich in der katholischen Kirche öfters gesehen haben möchten, und daß ich Dir so eine Schlechtheit und Bubenstück gar nicht zutraue und von Dir erwartete, daß Du Deinen redlichen Vater, der alles gern für Dich aufgeopfert hat, durch so etwas bis zum Grabe kränken und Deine Mntter und Schwester, die es cmcb so gut mit Dir meinen, betrüben und eine so große Schande ans mich nnd sie bringen würdest, zumal da Du, wenn Du diesen ver­fluchungswürdigen Schritt thun würdest, wider alle innere Ueberzeugung handeln und also Deinen Charakter cmch als moralischer Philosoph ganz verleugnen und beflecken würdest, wenn Dn, um Dein zeitliches Glück dadurch zu gründen, das doch ungewiß wäre, Deinen Geist auf immer mit den bittersten nnd nagendsten Vorwürfen beschweren und Dich bei der ganzen protestantischen und philosophischen

Welt verabscheuungswürdig macheu wolltest......Ich beschwöre Dich nun als

Vater bei dem Gotte, den Du glaubest, bei Deinem Gewissen, welches sich in Dir reget, und bei den Banden, womit uns die Natur und Religion verbunden, die Dir doch auch heilig sein werden, daß Du mir mit erstem Postgange schreibest und wie ich wünsche, diese Sage wiederlegest und die Verlänmder dann durch eine öffentliche Annonce an den Pranger stellst. Nur dies wird mich beruhigen, und so lange will ich auch meinen Kummer allein tragen . . . Gelte ich Dir noch etwas und ist Dir Deine eigne Gemüthsruhe theuer, so stürze Dich nicht in jenes Laby­rinth von unseligen Gefahren. Bedenke, daß Du Gott nnd Menschen lügen und Deinen Charakter beflecken würdest, wenn Du jenen Schritt thun wolltest."

Man hört es namentlich aus dem Schlüsse des Briefes heraus, daß der Vater nicht sowohl glaubte, daß der für ihn so entsetzliche Schritt schon geschehen fei, daß er aber doch fürchtete, sein Sohn, dessen freie Richtung seiner streng religiösen Gesinnung schon oft Anlaß zu Klagen gegeben hatte, könnte sich doch vielleicht zu einem Schritte hinreißen lassen, der ihm weit grauenvoller schien