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Oesterreich und Serbien.
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ausschusse für auswärtige Angelegenheiten ausführlich Auskunft über den Stand der Verhandlungen mit Serbien ertheilt und dabei die Erklärung abgegeben, nächstens werde ein serbischer Bevollmächtigter zur Ordnung der Sache in Wien anlangen. Auch damit ist man formell noch nicht viel weiter gekommen als dahin, wo man zwei Monate nach Abschluß des Berliner Juli-Vertrags stand. Serbien befindet sich in vortheilhafter Stellung; denn einerseits steht hinter ihm Rußland, und andrerseits kann Oesterreich-Ungarn nicht wohl das allein un­fehlbar wirksame Mittel von Gewaltschritten anwenden, ohne die orientalische Frage wieder anfs Tapet zu bringen. Darum erwiederte auch der Minister, als man ihn im Ausschusse fragte, welche Mittel er zu gebrauchen gedenke, um Serbien zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu zwiugen: das häuge von den Umständen ab und könne nicht Gegenstand der Debatte sein. ^

Die

geschichtliche Entwicklung der orientalischen Fraget)

Von Georg Winter.

Das Ende des vorigen Jahrhunderts bildet durch die französische Revolution nicht nnr den Ausgangspunkt für eine neue Phase der historischen Eutwicklung des gescuumten Oeeidents, es hat auch, wenngleich weniger deutlich erkennbar, eine neue Periode für die Geschichte des Orients, speciell der europäischen Türkei, eingeleitet. Die großen Ideen der beginnendeu Revolution vou 1789 fallen zeitlich zusammen mit den ersten Reformversuchen, welche die Pforte aus eigeuer Initiative unternahm.

Fast ein Jahrhundert ist seitdem verflossen; die gesunden und wahren Ge­danken, die neben allein Exorbitanten und Furchtbaren doch die eigentliche Grundlage jener gewaltigen Bewegung der Geister in Frankreich bildeten, sind allmählich und zum Theil unbewußt Gemeingut aller civilisirten Nationen Europas geworden; die orientalische Frage aber, welche damals zuerst in höherem Maße die Aufmerksamkeit der gesammten occidentalischeu Welt auf sich zog, ist noch immer nicht gelöst; noch mehr, sie befindet sich trotz aller ebenso

») Serbien und die Türkei im IS. Jahrhundert. Von Leopold von Ranke. Leipzig, Duncker K Humblot, W7!).