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steriums in die Hände gearbeitet. Zwar war der Präsident noch vor kurzem für sein Cabinet eingetreten, aber das schwächliche Vertrauensvotum, das Wad- dingtvn dann in der Frage der Magistratur davongetragen, hatte Grevy wankend gemacht. Der Justizminister Leroyer gab seine Entlassung ein, und das Cabinet begann damit zu zerbröckeln. Nachdem die letzte Amnestiedebatte vor den Weihuachtsferien demselben neben andern Demüthigungen ein zweites laues Vertrauensvotum gebracht hatte, mußte man schon seinen unverzüglichen Zerfall und den Eintritt radikalerer Elemente in die neue Combination erwarten, und diese Erwartung erfüllte sich,
Sonntag den 21. December erbaten sich sämmtliche Minister ihre Entlassung, und der Präsident ließ aus Waddingtons Nath den bisherigen Minister der öffentlichen Arbeiten de Freycinet zu sich bescheiden, um ihn mit der Bildung eines neuen Cabinets zu beauftragen. Dieser gewann bei einer Besprechung mit seinen Kollegen vom linken Centrum die Ueberzeugung, daß dieselben keinem Ministerium beitreten würden, welchem Mitglieder derjenigen Gruppe der republikanischen Union angehörten, die in der Amnestiefrage gegen das der Regierung ertheilte Vertrauensvotum gestimmt hatten. Zu gleicher Zeit eröffneten ihm Waddington und Leon Sah, daß sie zu keiner Veränderung des Negiernngsprogramms die Hand bieten würden. Daraufhin ersuchte de Freycinet den Präsidenten, von ihm in Betreff der Umbildung des Cabinets abzusehen und sich an Waddington zu wenden. Letzteres geschah, und Waddington glaubte sein Ziel zu erreichen, wenn er dem Gambettisten Challemel-Lacour, der zur Zeit Gesandter Frankreichs bei der Eidgenossenschaft war, das Ministerium des Innern anböte. Aber noch an demselben Tage, dem 23., berief Grevy nach einer Berathung mit einigen der bisherigen Minister de Freycinet von neuem zu sich, so daß es schien, als ob die Bildung des neuen Cabinets von zwei Seiten zugleich versucht werden sollte, und als Challemel-Laeour ablehnte, trat Waddington definitiv zurück, wobei er sich indeß bereit erklärte, Minister des Auswärtigen unter dem neuen Premier de Freycinet zu bleiben. Letzterer wandte sich nun an die Mitglieder der republikanischen Union und glaubte sich nach einer Besprechung mit deren Führern eine Majorität im Abgeordnetenhause zu sichern, wenn er Waddington nicht bloß in der Ministerpräsidentschaft, fondern auch im Auswärtigen Amte ablöste. Jetzt erklärte Leon Sah, in diesem Falle nicht im Cabinet verbleiben zu können, und beharrte dabei auch, als man ihm anbot, mit Casimir Perier, der das Portefeuille des Innern erhalten sollte, in das neue Cabinet zu treten. Als dieses Anerbieten abgelehnt wurde, suchte de Freycinet wiederum Waddington auf, legte ihm die von ihm entworfene Ministerliste mit Says Namen vor und trug ihm die Botschaft in London an, indem er annahm, Say werde, wenn Waddington eine so wichtige Stelle erhielte,