bekannten „Gesammelten Schriften" zeugen von einem Marinen Herzen und freudiger Anerkennung für die Verdienste anderer Komponisten; wir wollen nur erwähnen, daß er z. B.'Mendelssohn bewunderte und in den Himmel erhob, während man in Mendelssohns Briefen vergeblich nach anerkennenden Urtheilen über Schumanns Musik sucht. Schumann wäre darum gar manchem heute lebenden Tonkünstler als Vorbild echt künstlerischer Gesinnung zu empfehlen.
Es ist nicht nöthig, unsern compvnirenden Nachwuchs von der Nachahmung Schumanns abzuhalten und auf den einzigen — Wagner hinzuweisen, wie Herr Rnbinstein unverhohlen genug thut. Nur allzusehr spukt in allen neuereu Erscheinungen neben Schumann — Wagner. Ganz abgesehen von seinen Verdiensten um die Vervollkommnung des musikalischen Ausdrucks poetischer Ideen, um die Fortbildung naturwahren Gesauges und um die Illustration von Seelenvorgängen, hat Wagner unleugbar neue Töne angeschlagen. Er ist der größte Harmoniker unserer Zeit, und in der Instrumentation ist er ein unvergleichlicher Colorist; dazu kommt in seinen neuesten Werken eine ziemlich große Anzahl glücklich erfundener Motive, die durch Anwendung früher selten gewagter Melodieschritte, besonders aber durch die sie tragende freie Harmonik nnd dnrch eine gewählte und buntgestaltige Rhythmik entschieden das Gepräge der Neuheit und Originalität tragen. Wagner hat daher gerade so wie Schumann sehr viel Material geschaffen, das seine Epigonen in immer neuer Weise verarbeiten können. Wir müssen hierin eine gewisse Verwandtschaft Schumanns und Wagners statuiren. Im Erschließen immer neuer Gebiete der Harmonik ist Wagner nur Schumann gefolgt, dessen Modulationssystem an Freiheit der Bewegung nichts zu wünschen übrig läßt und immer wieder durch Neuheiten überrascht; in der Einführung frei eintretender Dissonanzen der verschiedensten Art dürfte vor Schumann vergeblich nach einem Meister gesucht werden, der Wagner so nahe stände wie dieser; welch entzückenden Wohllaut weiß Schumann Melodieschritten wie der verminderten Quarte abzugewinnen! und wie ost gemahnt die Prägnanz kleiner Motive bei Schumann an Wagner! Wagner hat alle diese Mittel gesteigert, das steht außer Frage; giebt das aber ein Recht, Schumann darnm zu schmähen, daß er manches schon gerade so gut konute wie Wagner? Die Aehnlichkeit geht noch viel weiter: das motivische Geschiebe, die Transpositionen kurzer Sätzchen in die Oberqnarte oder Oberqninte und andere Intervalle, welche von Herrn Rubiustein Schumann als sogenannte „Schusterflecke" vorgeworfen wurden, sind gewiß bei keinem Compvnisten so häufig wie bei Wagner. Und doch wären diese Bildungen bei Wagner viel eher entbehrlich und vermeidlich als bei Schumann, wo sie die Bildungsgesetze der absoluten Musik fordern. Ein hervorragender lebender Komponist bemerkte mit Rücksicht auf Rübinsteins Schrift: „Dann werden die Herren freilich wenig Symphonien