Beitrag 
Das Schicksal eine Buches.
Seite
519
Einzelbild herunterladen
 

519

Daß das Buch aber bleibenden Werth hat, wird buchhändlerisch dadurch be­wiesen, daß noch jetzt, nach Verlauf eines Jahres, jede Woche vergleichsweise zahlreiche Baarbestellungen auf dasselbe eingehen. Die Mehrzahl der deutschen Zeitungen hat es verdammt, das Publikum hat dieses Verdikt praktisch für ungerecht erklärt, jene Zeituugen waren, wie oft schon, wieder einmal nicht die öffentliche Meinung, nicht die Macht, die sie zu sein sich einbilden huocl org,t äsraonstrkmcluin.

Literatur.

Die Frciu im Talmud. Eine Skizze von I. Stern, Rabbiner in Buttmhcmsen in Württemberg. Zürich, Verlcigsmcigcizm, 1879.

Die Frau im Talmud ist in den letzten zwanzig Jahren öfter Gegenstand literarischer Behandlung gewesen; wir nennen nur die Namen M. Güdemann, A. Jellinek und I. Hainburger (vergl. in dessen Realeneyklopädie den Artikel: Weib). Anch der Unterzeichnete hat in seinem Buche:Jesus in seiner Sellung zu den Frauen" das Weib im Judenthume nach Werthschätzung, Stellung und Beruf während der biblischen und mischnisch-talmudischen Epoche in einem Kapitel beleuchtet. An diese Arbeiten reiht sich die vorliegende kleine Schrift, die, wenn sie auch kein wesentlich neues Material beibringt, doch das vorhan­dene in so origineller Behandlnng vorführt, daß selbst die bekanntesten talmudischen Anssprüche, Anekdoten und Erzählungen ein neues Kolorit zu gewinnen scheinen.

Der Talmnd weiß nichts von jener Geringschätzung des Weibes, welche der Orient gegen dasselbe bis heute an den Tag legt, er weiß aber auch nichts von jener Erotik, jener sinnlich schwärmerischen Gluth der Romantik im Mittel­alter, welche das Weib zur Halbgöttin machte; aber seine Aussprüche und Er­zählungen beknnden einen hohen Grad ethischer Kultur, indem sie die sittliche Macht und Bedentung des Weibes würdigen. Wer keine Frau heimführt, sagt der Talmud, verdient nicht den schönen Namen Mensch, oder: Der Unverehe­lichte lebt ohne Freude, ohne Segen, ohne Glück, oder: Anmuth ist trüglich, Schönheit vergänglich, ein gottesfürchtig Weib allein ist rühmenswerth. Obgleich der Ehestand seine Sorgen hat, so soll doch der Mann seine Verehelichung nicht zu weit hinausschieben. Ein Talmudlehrer pflegte zu sagen: Daß ich meine Genossen an Gelehrsamkeit überholt habe, verdanke ich dem Umstand, daß ich schon mit 16 Jahren mich verheirathete, Dem Vater liegt die Pflicht ob, seine Töchter sobald als möglich zu verheirathen. Wenn deine Tochter mannbar ist, lautet ein Lehrspruch, so schenke einem deiner Sklaven die Freiheit und verlobe ihn mit ihr. Dagegen galt es als eine Entweihung, seine Tochter mit einem alten Mann zu vermählen. Der Polygamie waren die Rabbinen abhold, obgleich das talmudische Gesetz sie für zulässig erachtet. Sehr feierlich wurde die Hochzeit begangen. Es war gradezu Gebot, an den Hvchzeitssreuden Theil zu nehmen und zu ihrer Erhöhung das seinige beizutragen. Von Agrippa I. geht die Sage, daß er oft in Person sich Brautzügen angeschlossen habe. An