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Moritz Buschs Neue Tagebuchsblätter.
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Moritz Auschs Keue Hageöuchsblätter.

Fast gleichzeitig mit der fünften, durch einige Zusätze vermehrten Auflage von Moritz Bnschs bekanntem Buche:Graf Bismarck und feine Leute wäh­rend des Krieges mit Frankreich" ist ein neues Memoirenwerk desselben Ver­fassers erschienen, das, schon längst mit Spannung erwartet, wiederum auf das regste Interesse in weiten Kreisen rechnen darf. Aus der Fülle feiner Tage­buchblätter hat Busch eine neue Reihe ausgewählt, um sie als charakteristische Illustration der Zeitgeschichte dem deutschen Volke vorzulegen. Den kostbarsten Schatz freilich, der ihm zur Verfügung stand, und soweit er überhaupt jetzt verfügbar war, hat er uns bereits gespendet. Die Tagebuchsblätter aus dem französischen Kriege, die mit wahrhaft rührender Treue und peinlichster Ge­wissenhaftigkeit Alles verzeichnen, was dem Verfasser von dem Leben, Arbeiten und Reden Bismarcks in der damaligen Zeit zu Gesicht und Gehör kam, sind eine literarische Gabe, für die ihm Mit-, und Nachwelt zu lebhaftestem Dank verpflichtet bleibt, ein Werk, einzig in seiner Art und von einem historischen Werthe, der gar nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Darüber, sollte man meinen, dürfte unter Vorurtheilsfreien nicht der mindeste Zweifel herrschen. Oder wer wollte dem Verfasser nicht beistimmen, wenn er sagt:Mich dünkt, daß überhaupt Alles von Interesse ist, was zu dem hochherrlichen Kriege ge­hört, der uns ein deutsches Reich und eine sichere Westgrenze gewann, und daß auch das scheinbar Kleinste seinen Werth hat, das zu dem Antheile in Beziehung steht, den der Graf Bismarck an den Ereignissen während desselben hatte?" Wenn trotzdem, und zwar manchmal von recht beschränkt pedantischem Standpunkte aus, gegen das Buch polemisirt worden ist, so wird sich vermuth­lich der Verfasser mit Ruhe, Würde und dem nöthigen Humor darüber hin­weggesetzt haben. Hat er doch recht gut gewußt, was er that, als er sich ent­schloß, auch Andere an diesen werthvollsten Erinnerungen seines Lebens theil­nehmen zu lasten, und hat ihm doch der über alle Erwartung großartige Erfolg seines Werkes bewiesen, wie sehr er dem allgemeinen Verlangen ent­gegenkam, als er ein so treues, warmes, farbenfrisches Bild unseres großen Kanzlers und seiner Umgebung aus jenen unvergeßlichen Tagen zu zeichnen unternahm.

Mit diesen früheren Tagebuchblättern lassen sich die neueren nicht wohl auf eine Linie stellen, einfach deswegen nicht, weil sich ein Stoff, wie der dort behandelte, nicht zum zweiten Male bietet. Doch ist darum das neue Buch nicht minder reich an spannendem Interesse, und wenn das Publikum, wie Zehn gegen Eins zu wetten ist, zunächst auf ueue Bismarckiana fahndet, so wird es auch hier seiu Genügen finden. Allerdings ist Bismarck hier nicht der Mittelpunkt, um den sich Alles gruppirt. Aber was dem Buche in dieser Beziehung an Einheit der Person abgeht, das ersetzt es durch die wechselvolle Mannigfaltigkeit der Bilder, die es vor uns aufrollt. Der Verfasser ist ein Mann, der weit herumgekommen ist in der Welt, vieles gesehen und erlebt, mit hervorragenden Persönlichkeiten verkehrt, wichtige Ereignisse in nächster Nähe geschaut hat. Dazu besitzt er das Talent, Personen und Sachen mit scharfem Blicke zu erfassen, das in jedem Falle Wesentliche und Charakteristische hervorzuheben und das Geschehene und Erlebte in treuer, klarer, anschaulicher