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letztere soll das Interesse an der vaterländischen Literatur so wecken, daß das Studium derjenigen klassischen Werke, zu denen jeden die Neigung führt, auf der Universität mit reiferem Verständniß fortgesetzt werde.
Der fast einstimmige Wunsch der Generalsynode war, wie gesagt, daß die Prüfung mit der ersten theologischen Staatsprüfung verbunden und so vor Männern abgelegt werde, welche den Kandidaten innerlich näher stehen als die Mitglieder der rein staatlichen Prüfungskommission. Dagegen läßt sich kaum etwas einwenden; es find ja auch schon jetzt in den meisten Kommissionen für das „Kulturexamen" zum Theil Männer, welche auch in dem theologischen Examen mitprüfen. Auch für die künftigen Lehrer ist der Nachweis der allgemeinen Bildung mit dem Staatsexamen verbunden. Nur wäre es dann allerdings zu wünschen, daß die theologische Prüfungskommission durch einen Professor der Philosophie, eventuell der Literaturgeschichte verstärkt werde. Auch die Mathematiker und Philologen haben den Nachweis ihrer allgemeinen Bildung in der Religion vor einem Professor der Theologie zu führen, und mit Recht; denn der Examinator soll das ganze Gebiet seiner Wissenschaft beherrschen. Jedenfalls wollen wir noch nicht gegen die ganze Einrichtung Sturm laufen; in Berücksichtigung, daß bei jeder neuen Einrichtung anfänglich die Unbequemlichkeiten sich fühlbarer machen, auch Mißgriffe leichter vorkommen als später, wollen wir erst erproben, ob nicht am Ende bei besonnener Handhabung des Examens und gewissen Modifikationen des Reglements die Klagen verstummen und die segensreichen Folgen des Gesetzes zu Tage treten werden.
Me Koldne Mrte in Ireiberq.
Wenn wir die antike und die moderne Kunstwissenschaft hinsichtlich ihrer einzelnen Zweige und der Pflege, welche diese Zweige gefunden haben und noch finden, mit einander vergleichen, so gewahren wir einen auffälligen Unterschied. In der klassischen Archäologie sind historische uud stilistische, ikono- graphische und technische Fragen von jeher mit gleichem Interesse behandelt worden, so lange es überhaupt eine Wissenschaft von der alten Kunst als selbständige Disziplin gibt. Wer war der Künstler? Wann lebte er? Welches waren die Veranlassungen und die Schicksale seines Werkes? Was stellt es dar? Wie ist es gemacht? Wie ist es gelungen? — von allen diesen Fragen ist den Werken der alten Kunst gegenüber nie eine zu Gunsten der andern ver-