Beitrag 
Aus der guten alten Zeit in England.
Seite
146
Einzelbild herunterladen
 

- 146

in jener Periode gruppiren. Man wird daraus erkennen, daß England damals sich nur in wenigen Beziehungen eines Vorzugs vor Deutschland zu rühmen hatte, und daß es in vielen hinter diesem zurückstand.

Das Parlament der Zeit, von der unser Geschichtschreiber in diesem Bande spricht, war in seiner Zusammensetzung fehlerhaft, in seinen Tendenzen eng­herzig, despotisch und vielfach korrupt, und doch ist es ein Hüter der Freiheit und ein Schöpfer weiser Gesetze gewesen. Das Parlamentarische System war damals eine Regierung der höheren Klassen, und diese besaßen in hohem Grade politische Befähigung, und wenn auch der öffentliche Geist in ihnen sehr ge­sunken war, so stand er doch keineswegs auf dem Nullpunkte. Jenes System ließ eine Schule von Staatsmännern entstehen, die der Leitung der Dinge gewachsen waren, und unter den Reichen, die ihre Parlamentssitze kauften, waren immer einige, welche von dem ernsten Wunsche beseelt waren, ihrem Vaterlande zu nützen. Das Volk besaß wenig unmittelbaren Einfluß auf seine Vertreter, aber so oft es seine Ansichten über eine Frage durch die freien Wahlkörper oder durch tumultuarische Mittel zu erkennen gab, fand es Gehör und meist auch Gehorsam.

Das allgemeine Niveau des politischen Lebens war indessen ein sehr nie­driges. Günstlingseinflüsse, Hosintriguen, Bestechungen waren an der Tages­ordnung. Bolingbroke wirkte sich seine Rückkehr aus der Verbannung durch eine Mätresse Georgs des Ersten aus, die er mit 10000 Pfund bestochen haben soll. Carteret sicherte sich seine Stellung durch Kriechen vor einer andern Freundin" des Königs. Chesterfield und Pulteney lagen zu den Füßen von Mrs. Howard, der Geliebten des zweiten Georg, die von Mrs. Pitt, der Mutter des großen Lord Chatam, unter dem Anerbieten von 1000 Pfund brieflich um eine Kammerherrnstelle für ihren Bruder angegangen wurde. Pitt selbst wahrte sich sein Verbleiben im Kabinet großenteils durch Aufmerksamkeiten gegen die Herzogin von Icirmouth. Walpoles und Newcastles Macht ruhten auf der Benutzung des gesammten Kronpatronats und eines' erheblichen Theiles der ihnen zugänglichen öffentlichen Gelder zu dem Zwecke, sich ^die Mehrheit im Parlamente zu erhalten. Verletzung des Briefgeheimnisses war etwas ganz Gewöhnliches. Die Briefe Swifts, Boliugbrokes, Marlboroughs und Popes sind voll von Klagen über die Unsicherheit ihrer Korrespondenz, und wir wissen durch Walpole selbst, daß er kein Bedenken trug, die Briefe eines politischen Nebenbuhlers zu öffnen.

Es kann nicht überraschen, daß unter solchen Umständen der Geist der Nation tief gesunken war. Die Begeisterung für den Gedanken der Reforma­tion, dann für die mit dem Despotismus ringende Freiheit war verraucht. Mit einer Kirche, die eine kalte und nüchterne Moral lehrte und jeden Eifer für