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Falks Brief in Süddeutschland.
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JalKs Inef in Süddeutschland.

Es ist eine aller Orten gemachte Erfahrung, daß Minister, so lange sie in Amt und Würden sind, von den Gegnern der Regierung als freiheitsfeindlich, sachlich uneingeweiht, unpraktisch u. s. f. bezeichnet und demgemäß aufs heftigste angegriffen werden. Sowie aber ihr Name in das Zeichen des friedlichen a. D." rückt, ändert sich die Sachlage; der Minister ist wenn seine Geschichte es irgend zuläßt der besten einer gewesen, und durchaus unbrauchbar ist uur sein Nachfolger. Wir erinnern an Herrn Hobrecht. Trotzdem daß der Berliner Oberbürgermeister der liberalen Partei näher als der konservativen stand, waren doch fast allewahrhaft liberalen" Blätter, obwohl ihnen von einer finanzpolitischen Untttchtigkeit Hobrechts absolut nichts bekannt war, darin einig, daß die Wahl des Reichskanzlers eine sehr wunderbare wäre. Eine kurze Zeit ist vergangen, da tritt Hobrecht zurück. Wäre er nun ein rechter echter Konservativer gewesen, so hätte man vielleicht eine Ausnahme von der allgemeinen Regel gemacht und gesagt:Aha, da seht ihrs! Er hat seine Stelle nicht ausfüllen können." So aber war espolitisch taktischer" gehandelt, der Regel treu zu bleiben, nnd in dem großen rheinischen Weltblatte konnte man lesen, daß, wer Hobrecht unr gekannt habe, davon durchdrungen gewesen sei, daß er zum Finanzminister geboren sei. Anders war es mit Herrn Dr. Falk. Mit Frenden von liberaler Seite gleich begrüßt, wurde er, mit verhältnißmäßig wenigen Ausnahmen, auch von ihr unterstützt, und wenn er der religions­feindlichen liberal-jüdischen Presse oft in seinen Maßnahmen nicht weit genug ging, so gab man sich schließlich doch mit den Abschlagszahlungen zufrieden, die man im Kulturkämpfe erhielt. Da kam nach einer langjährigen, vielfach sehr segensreichen Wirksamkeit auch sein Tag. Er trat zurück uud überall opferte man dem Manne Weihrauch, der selbst so paßte es in die Partei­taktik als Opfer seines Prinzips gefallen fein mußte; er wurde heilig ge­sprochen, wurde gefeiert, wie die Ultramontanen kaum einen ihrer exilirten Bischöfe gefeiert haben. Galt es doch, Dr. Falk in einen Gegensatz zu stellen zum Fürsten Bismarck!

Bis dahin war man auch in Süddeutschland geneigten Herzens gefolgt nnd hatte gern mit eingestimmt in das Lob eines Ministers, dessen entschiedenes und mannhaftes Vorgehen für die freie Entwickelung unsrer kulturellen Ver­hältnisse so bedeutungsvoll geworden war, der den Anmaßungen eines begehr­lichen Priesterthums, gegenüber den unveräußerlichen Rechten des Staates, ein energisches Halt entgegengerufen hatte. Die Liberalen Süddeutschlands aber hatten vr. Falk verehrt als einen Bundesgenossen des Reichskanzlers, und