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Aus und über Amerika.
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als ein bloßes Gebäude, welches abgerissen und ersetzt werden kann, sobald die Geldfrage gelöst ist. DasWeiße Haus" sollte deshalb das sogenannte Executive NkmÄon bleiben, wo alle öffentlichen Geschäfte erledigt werden.

Indessen ist noch ein weiterer Umstand zu berücksichtigen, der eine Aende­rung erheischt. Wie in allen anderen Regierungs-Departements, so sind nämlich auch im amtlichen Verkehr des Präsidenten die Geschäfte im Laufe der Zeit gewachsen. Mit jedem neuen Präsidenten war die Anstellung neuer Sekretäre, Clerks und anderer Beamten eine Nothwendigkeit. Außerdem ist eine große Anzahl der Bürger der Vereinigten Staaten der Ansicht, daß irgend ein Brief, welcher ein Regierungs-Departement betrifft, durch die Hände des Präsidenten gehen muß. Tausende glauben, daß die persönliche Befürwortung irgend eines Gesuches, eines Anspruches u. s. w. durch den Präsidenten selbstverständlich sei, sobald ein amerikanischer Bürger darum nachsucht, und daß der Erfolg dann sicher sei. Jeder Brief, jede Eingabe, jede kleine Notiz beansprucht aber Zeit und Mühe, um gelesen und begutachtet zu werden; und die Clerks des Weißen Hauses" müssen oft Tag und Nacht arbeiten, um die Zuschriften und Anfragen zu erledigen, welche täglich beim Präsidenten einlaufen.

So geschah es denn, daß unter Grant's Präsidentschaft zwei Plätze für eine Privatrefidenz des Präsidenten in Vorschlag gebracht wurden. Der eine dieser Plätze liegt direkt nördlich vomWeißen Hause" auf einer Anhöhe, dem Nkriäiem UM, der andere befindet sich am Ende der 14. Straße. Weiter gedieh jedoch die Angelegenheit nicht, und seit jener Zeit ruht sie ganz, obschon durch Anregung derselben Gntes und Nothwendiges erreicht werden könnte. Der jetzige Kongreß würde keinenfalls das zu einem Neubau nöthige Geld bewilligen, und der jedesmalige Präsident scheut sich, die Frage anzuregen, so groß auch die mit dem Wohuen imWeißen Hause" verbundenen Unannehm­lichkeiten sein mögen. Die Herren Kongreßmitglieder müssen in erster Linie ihren Konstituenten gerecht zn werden suchen, sonst werden sie nicht wiederge­wählt, und wenn sie es durchsetzen, einige hunderttausend Dollars für ein neues Postgebäude in ihrem Distrikte zu erlangen, so haben sie Großes geleistet; in Washington City aber gibt es keiue Wähler zu gewinnen. So kann Niemand voraussagen, wann ein neues Präsidentschaftsgebäude, welches des zweiten Jahr­hunderts der großen transatlantischen Republik würdig wäre, errichtet werden wird. Bleibt aber Washington City noch länger die Hauptstadt der Vereinigten Staaten von Nordamerika, und wird diese nicht, wie es schon einmal hieß, nach St. Louis im Staate Missouri oder nach einer andern Stadt der Union ver­legt, so wird unbedingt einmal eine neue Präsidentenwohnung gebaut werden müssen, auch wenn die gesundheitsschädlichen Bedenken gegen dasWeiße Haus" durch passende Vorkehrungen gehoben werden könnten.

Dresden. R. D.