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Die akademische Kunstausstellung in Berlin. 1.
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getroffene Wahl, ein Bild Langenmantel's, eines ganz oberflächlichen Kostüm­malers ans der Piloty-Schule, spricht nicht gerade günstig für ihre Urtheilsfähig­keit und für ihren Einblick in die Hanptströmungen der deutschen Malerei.

Knille's Bild hat seine Aufstellung iu einer paneelartigen Einfassung über einer Portaldekoration erhalten, welche den Schmuck des letzten Saales im provisorischen Kunstausstellungsgebäude bildet. Nach dem großen Erfolge, welchen der künstlerisch mit allen Mitteln dekorativer Pracht ausgestattete deutsche Salon auf der Pariser Weltausstellung errungen hat, wollte man in Berlin einen ähnlichen, dem Auge wohlthuenden Ruhepunkt schaffen und erkor zn diesem Zwecke einen geräumigen Oberlichtsaal, welcher die lange Reihe der Korridore abschließt. In einem aufs reichste mit exotischen Gewächsen gefüllten Saal, dessen Wäude mit Teppichen, Thierfellen, Trophäen und einer Trinmphbogen- architektur mit Spiegelfläche dekorirt sind, findet der ermüdete Besucher der Ausstellung nach langer Wanderung durch die öden Korridore eine behagliche Stätte, welche ihm gefällige Ruheplätze und von einem Springbrunnen ver­breitete Kühlung gewährt. Auf den Simsen der Eingangsportale, die mit kost­baren persischen Teppichen verhängt sind, stehen alterthümliche Kritge und Schalen, und aus dem Grün der die Wände verhüllenden Gewächse leuchten Marmor- und Bronzefiguren. Die dem Eintretenden sich zuerst darbietende Hauptwand ist am reichsten gestaltet. Ein mächtiger Triumphbogen, in dessen Zwickeln zwei weibliche Gestalten rnhen, die Skulptur und die Wissenschaft, welche der ersteren durch ihre Fackel deu Weg erhellt, umschließt einen Spiegel, dessen Fläche durch eine Draperie aus Goldbrokat und Damast getrennt ist, vor der sich ans bronzirtem, von Widderköpfen eingefaßtem Postament das GyPs- modell zu einer Personifikation des Reichsthums von Reinhold Begas, in Bronzeausführung für einen Saal der Reichsbank bestimmt, erhebt. In dem mächtigen Raume verliert die fein silhouettirte Figur, die in schwungvoller Wendung, den rechten Fuß auf eine Kugel gestellt, aus einem Kästchen ein Ge­schmeide emporhebt, viel von der Wirkung, welche sie in der Nischenumrahmung, für die sie kompomrt ist, erzielen kann. Aber die kraftvollen, mit vollendeter Körperkenntniß und mit edler Sinnlichkeit durchgebildeten Formen, welche das in breiten Falten arrangirte Gewand nur halb verhüllt, heben die Figur, auch nn diesem wenig günstigen Orte, weit über das Niveau der landesüblichen akademischen Phrase wie der plumpen Pasticeios zahlreicher Nachahmer, die den lebensfrischen, üppigen Realismus des Meisters zu einem formlosen Schwulst umwandeln.

Von der Decke des behaglichen Raums fchwebt, von goldenen Schnüren und Stangen gehalten und mit goldenen Lorbeerkränzen geschmückt, ein weißes, blangestreiftes Velarium herab, welches die einströmenden Lichtmassen in wohl-

Grcnzboten III. 1379. 59