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reicht. Und hieraus ziehe ich den Schluß, daß wir thöricht thun, ein so vollkommenes Band zu schwächen oder wohl gar zu zerreißen."
In die Tiefen des religiösen Bewußtseins einzudringen, scheint Möser die Lust wie die Fähigkeit gefehlt zu haben. Daß Moses, um das Volk von seiner göttlichen Sendung zu überreden, selber an seine Sendung glauben, daß er, um seine Inspiration geltend zu machen, wirklich inspirirt sein mußte: das hätte Hamann eher finden können als Möser, wenn er im Stande gewesen wäre, seine verwirrten genialen Einfälle ebenso zu beherrschen und zusammenzudrängen, wie Möser seine realen Anschauungen.
Mehrere Jahre später veröffentlichte Möser ein Schreiben an den Oberrabbiner Aaron da Costa über den leichten Uebergang von der pharisäischen Sekte zur christlichen Religion. „Die jüdische Religion — schreibt er da —, welche ausdrücklich sagt, daß der erste Mensch die Unsterblichkeit verloren habe, daß der Mensch wieder zur Erde werden soll, wovon er genommen ist: diese Religion muß zuletzt durchaus auf einen Erlöser führen; sie muß schlechterdings alle Menschen in einem Ewigen sterben lassen, nachdem Gott einmal gesagt, daß alle Menschen des ewigen Todes sterben sollen. Auf eine andre Art kann sie sich nicht helfen, und eine Hülfe ist doch nöthig: denn jede Nation, sobald sie anfängt sich zn bilden, will durchaus ein ewiges Leben. Je trauriger ihre Schicksale werden, desto süßer werden ihre Wünsche nach einem künftigen Leben sein, desto öfter wird sie Propheten zu ihrer Beruhigung erwecken. Das bringt der natürliche Gang ihrer Empfindungen und Gedanken mit sich; und sollte diese Nation einen Gott anbeten, der ihr alle Hoffnung jenseit des Grabes untersagt hätte: sie würde sich wider sein Gebot empören, Himmel und Erde zum Mitleid bewegen, um zuletzt, es koste was es wolle, diesen Fluch des Gesetzes in einen tröstlichen Segen zu verwandeln."
Der Paulinische Lehrbegriff war eine nothwendige Konsequenz von Moses und den Propheten- „Ueber das Faetum, daß wirklich der Ewige Meusch geworden sei und das Gesetz erfüllt habe, daß Jesus von Ncrzareth dieser Ewige gewesen, habe ich nicht mit Ihnen zu streiten. Paulus wurde hievon durch ein Wunder überzeugt, und wenn Sie das auch verlangen, kann ich Ihnen nicht helfen."
Gleichzeitig mit den „Kreuzzügen eines Philologen" erschieneil verschiedene Schriften aus der Schule Winckelmcinn's, die aufs einseitigste den Kultus der griechischen Jdealschönheit predigten: Hagedorn's „Betrachtungen über Malerei" und Mengs' „Von den Schönheiten der Kunst", gleichzeitig aber auch der Anfang der Wieland'schen Shakespeare-Uebersetzung, die den Deutschen zu zeigen versuchte, was Lessing doch nur angemeldet hatte.
Das ungefähr waren die hervorragendsten Erscheinungeu der deutscheu