206 —
ausüben, wenn auch der Umstand, daß der Aufenthalt dort gar kein Geld kostet, immerhin für manchen von Belang sein dürfte. Dagegen leitet uns der Wunsch, auch bei dieser Gelegenheit wieder die Erinnerung an jene braven deutschen Kolonisten wachzu rufen, die rings umzingelt von den Völkern „Halbasien's" im Stande gewesen sind, die aus der Heimat mitgebrachte Sprache, die alten Sitten und Gebräuche in ursprünglicher Reinheit und Einfachheit zu bewahren und sich selbst — worin sie eine rühmliche Aus^ nähme von den übrigen deutschen Auswanderern bilden — mit einer sonst bei der germanischen Nace nicht zu beobachtenden aristokratische!: Anwandlung im Gefühl des eignen Werthes von der Vermischung mit anderen Völkern frei zu halten gewußt haben. Die Pflicht der Dankbarkeit gebietet es, im Vorübergehen auf dasjenige Buch hinzuweisen, aus welchem der Stoff zu der nachfolgenden Schilderung entnommen ist.")
Wenn der siebcnbürgische Landmann oder Kleinstädter nach längerer Ucberlegung zu dem Entschlüsse gelangt ist, mit seiner Familie einige Wochen der Erholung zu wid men, so sucht er in der Regel die im Wälder- und quclleureichen Szcklcrlande und zwar in einem romantischen Seitenthale der Csik sprudelnde Heilquelle Kerolv auf, deren Temperatur etwa 11 " ü,. beträgt, und die durch niedergeschlagenes Eisen gelb gefärbt ist. Obwohl diese Quelle von vortrefflicher Beschaffenheit ist, so findet sich doch um sie herum von Hotels, kunstvoll angelegten Spaziergängen, Kurhäusern und ähnlichen Bade requisiten keine Spur; nur zwei armselig gepflegte Gärten, ungarischen Familien gehörig, zeigen, daß das stille Thal auch außer der „Saison" von menschlichen Wesen nicht ganz verlassen ist. In der Thalfurche rieselt ein klarer Bach, mit dem sich in einiger Ent fernung zwei andere vereinigen nnd so eine Art Kessel bilden, von welchem aus die Thalwände ziemlich steil ansteigen. Zahllose Krebse und leckere Forellen werden von den munteren Bächen beherbergt. In der unmittelbaren Umgebung der Badequelle, in deren Nähe übrigens zahlreiche gute Sauerbrunnen unbenutzt sprudeln, ist der Wald zwar abgeschlagen, aber gleich hinter dieser Lichtung, besonders nach der untern Csik zu, ziehen sich herrliche Buchenbestände in unabsehbarer Ausdehnung hin, in denen Rehe und Haasen, Füchse, Wildkatzen uud andres jagdbares Gethicr haust. Die Natur prangt in reicher Fülle, und zwar die reine, unverfälschte, uncntweihte Natur in ihrer vollen Ursprüuglichkeit. Nur eine Anzahl Blockhäuser lassen ahnen, daß auch hier zu Zeiten der Herr der Schöpfung weilt und seine Herrscherrechte geltend macht.
Ein Besuch dieses Bades bedarf ziemlich umfänglicher Vorbereitungen. Während der westeuropäische Badebesncher nichts mit sich zu bringen braucht als Geld, viel Geld, um allen auf seinen Beutel unter den verschiedensten Vorwänden offen und versteckt ge-
Bilder aus dem sächsischen Bauernleben in Siebenbürgen. Ein Beitrag zur Deutschen Cnltnrgeschichte. Von Fr. Fr. Fronius. Wien, Carl Graeser, Itt79. Der Verfasser hat, als langjähriger siebenbürgischer Pfarrer, die Gelegenheit, das gesammte Leben des Siebenbürgers von der Wiege bis zum Grabe zu beobachten, trefflich benutzt und seinem Stoffe sich mit warmer Hingebung gewidmet, so daß man aus seinem Werkchen reiche und zuverlässige Belehrung über die dortigen, in vielen Beziehungen ganz eigenthümlichen Verhältnisse schöpfen kann.