Beitrag 
Die neue Stellung der Bonapartisten.
Seite
170
Einzelbild herunterladen
 

170

Gefahr läuft, einmal nicht mehr mit der Ordnung und der Sicherheit von Leben und Eigenthum identisch zn sein. Die Orleans haben vor dieser Gefahr, die mit der Uebersiedelung der Kammern nach Paris näher gerückt ist, kaum etwas zu hoffen, und der Ro^ der Legitimisten ist ein politisch todter Mann.

Damit ist nicht gesagt, daß die gegenwärtige Lage der bonapartistischen Partei sich durch den Tod des Prinzen nicht für die nächste Zeit ungünstiger gestaltet habe. Wenn sie aber mit Spaltung und Abfall bedroht ist, so wird fortan an ihrer Spitze ein Mann stehen, der, was man auch an seiner Willens­kraft aussetzen mag, jedenfalls ein gescheiter Kopf, ein politischer Denker ist, während wir vom verstorbenen Prinzen, diesem halben Kinde, nichts wußten, als daß er einigen Unternehmungsgeist besaß.

Napoleon V., wie ihn seine Anhänger stilisiren werden, wird kein Werk­zeug der Partei sein, er wird warten, er wird transigiren, er wird als der rothe Prinz", als Gegner der Ultramontanen den Republikaner herauskehren können, bis die Zeit für ihn reif ist. Ueber kurz oder lang wird der Baum der Freiheit zu Paris als Blüthe die rothe Jakobinermütze tragen; die Frucht aber wird, wie zweimal schon, eine Kaiserkrone sein, die zuerst vielleicht wie ein Präsidentenhut aussehen, die aber sicher dem Ruhmeserben Napoleon's I. zu­fallen wird, wenn der Mangel an Kühnheit, den man ihm, vielleicht ohne rechten Grund, nachsagt, nicht die Ursache wird, daß ein genialer und zugleich energischer General den wieder zur Uebermacht herangewachsenen Kommunis­mus niederwirft und dem Prinzen den Siegespreis vorwegnimmt. Der letztere Fall wäre aber nur der Beginn einer andern Aera des französischen Impe­rialismus. Die Ursache seines Emporkommens, die Basis, auf der er stände, die Grundsätze, nach denen er zu regieren hätte, wären genan dieselben wie beim früheren; lediglich der Name der Dynastie wäre ein andrer.

Zunächst liegen die Dinge für die Bonapartisten, wie gesagt, nichts weniger als vortheilhaft. Der Prinz Jerome Napoleon lebt seit Jahren in gespannten Beziehungen zur Kaiserin Eugenie, sein im Kaplande gefallener Vetter hat ein Testament hinterlassen, in welchem er wünscht, nicht Jerome, sondern dessen Sohn, Prinz Vietor, möge sein Nachfolger werden, ein Theil der Partei, an dessen Spitze Rouher, derVizekaiser", steht, hat sich für das Recht Jerome's erklärt, ein andrer, zu dessen Wortführern sich die Cassagnacs aufgeworfen haben, tritt für Victor in die Schranken. Dort ist das Recht, wenn wir bei Napoleoniden in vollem Ernste von Recht sprechen dürfen, hier die Opportunist; denn die Kraft des Bonapartismus ruhte bisher in dem Bekenntniß zum Absolutismus auf der Grundlage des Volkswillens, der sich im Plebiszit ausgesprochen, und auf der Verbindung dieses Absolutismus mit den Ultramontanen; gegen beides aber hat Jerome sich, wenn auch schwerlich