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des Grundbesitzes von besonderen Staatsauflagen. Er nennt die Angaben des Reichskanzlers von der Ueberbürdung des Grundbesitzes „eine Uebertreibung, wie er sie niemals anch nur aus dem Munde eines Abgeordneten gehört", er spricht dem Reichskanzler nicht nur alle Zuverlässigkeit in seinen Angaben, sondern auch die Kenntniß der betreffenden Gesetzgebung ab. Warum Letzteres? Weil der Kanzler in der Belastung aller ländlichen Wohnhäuser durch die Gebäudesteuer eine Belastung des landwirtschaftlichen Betriebes erblickt hatte. Wo lag wohl da die Unkenntniß und die Uebertreibung? Wenn dem Redner schon die Entlastung von den direkten Steuern für den Grundbesitz zu viel war, so mußte es ihm der landwirthschaftliche Zoll noch viel mehr sein. Bei den Schutzzöllen für die Industrie zeigt er sich weniger spröde und will das Bedürfniß im Einzelnen prüfen.
Stellen wir jetzt die beiden Kettenschlüsse nochmals in abgekürzter Form einander gegenüber. Der Reichskanzler will die auf die indirekte Steuer basirte Unifikation der deutschen Staatsfinanzen, er will dadurch eine ausreichende und gesicherte Basis für die zentralen Aufgaben und Aktionen des deutschen Staates. Er will mit einem Worte die innere Gründung des deutschen Reiches, das nach dreizehnjähriger Arbeit der ungeheuersten Anstrengungen nur erst äußerlich gegründet ist. Er will einer mehren Folgen unabsehbaren Verschiebung der Verhältnisse des Welthandels gegenüber der deutschen Nation ihre eigene Industrie und die eigene Produktion der elementaren Nahrungsstoffe sichern, und will damit die anf diese Arbeiten gebauten sozialen Stände als gesunde nationale Elemente erhalten. Wie lautet der gegnerische Kettenschluß? Die Einschränkung der indirekten Steuer durch die direkte auf ein subsidiäres, widerrufliches Mittel ist der Ausgangspunkt. Aus ihr folgt die Macht der Parlamente, aber die Schwäche der Zentralgewalt und zugleich der Einzelstaaten, die unsichere und schwache Leistungsfähigkeit des Ganzen nach innen wie nach außen. Aus der direkten Steuer folgt der Freihandel, aus ihm folgt, daß die deutsche Volkswirthschaft auf Zwischenhandel, Verdienst an der Durchfuhr und auf Herstellung von Hilfsmaterialien für auswärtige Großindustrieen für billigen Arbeitslohn angewiesen wird. Die deutsche Landwirthschaft muß zu Grunde gehen und kann allerdings durch die Zufuhr billiger produzirender Länder in ihren Leistungen ersetzt werden. Dafür muß Deutschland von diesen Ländern materiell abhängig Werden. Bei der Schwäche der zentralen Aktionsmittel und bei der Abhängigkeit des deutschen Nahrungsstandes von auswärtigen Nationen, sowohl in der Industrie als im Handel und in der Landwirthschaft, muß die politische Unabhängigkeit Deutschland's innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein Ende nehmen.