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^chen Systems, das in der vorliegenden bestimmten Gestalt I. H. v. Kirchmann znm Urheber hat. Wer sich über dasselbe orientiren will, dem kann die Schrift Wolfs's durchaus empfohlen werden, zumal da sie durch Klarheit, Faßlichkeit und Leichtigkeit der Schreibweise sich auszeichnet. Vor dem System selbst freilich können wir nicht dringend genug warnen, weil es die Grundlagen der Philosophie zerstört. Eine kurze Charakteristik desselben wird die Berechtigung Zu diesem scharfen Urtheil erhärten. Der Punkt, von dem aus der empirische Realismus mit einem Blick überschaut werden kann, ist die Beantwortung der Frage Kant's: Wie sind synthetische Urtheile (d. h. Urtheile, in welchen der Prädikatsbegriff nicht im Subjektsbegriff enthalten ist und doch mit ihm in einer nothwendigen Verknüpfung steht) a xriori möglich. Kant hatte die Lösung dieses Problems darin gefunden, daß er reiue, von jeder Erfahrung unabhängige und diese erst ermöglichende Vernunftformen annahm, wie Raum und Zeit für äußere und innere Anschauung, wie den Begriff der Kausalität und die davon abhängigen Begriffe. Der empirische Realismus setzt nun ebenfalls solche apriorische Vernunftformen voraus, gibt ihnen aber keinen konstitutiven, sondern nur einen regulativen Werth, indem er nicht durch sie, sondern dnrch äußere und innere Wahrnehmung die Erfahrung entstehen läßt. Und jene Formen sind ihm nur dazu da, über dem Wahrgenommenen schwebenden Geistern vergleichbar, diesem reinen Erfahrungsinhalt eine idealere Weihe zu geben. In der Natur aber gibt es keine Kausalität als gegenständliche Eigenschaft der Dinge, sie ist nichts Wirkliches und Seiendes, sondern nur ein subjektives Jn- beziehungsetzen zweier regelmäßig auf einander folgender Naturereignisse. Die aus diesen Formen hervorgehenden allgemein giltigen Urtheile sind daher auch keine Naturgesetze im strengen Sinne des Wortes, da alles, was Naturinhalt lst, nur durch die Wahrnehmung angeeignet wird. Es ist die Wahrnehmung, die das Seiende in Raum und Zeit in sich aufnimmt, der sich das körperliche und seelische Sein erschließt. Das körperliche Sein wird durch die Empfindungen der Sinne wahrgenommen.
Machen wir hier einen Augenblick Halt, um die Frage auszuwerfen, welche Bürgschaft wir haben, daß die Summe von Affektionen der Sinne, durch welche un'r das körperliche Sein erfassen, in der That mit demselben-identisch ist. Wir können, streng denkend, nicht weiter kommen, als bis zu dem Satze: Vermöge der eigenthümlichen Organisation unserer Sinne stellt sich uns dies bestimmte Weltbild dar? mit anderen Worten: es ist eine Erscheinung, über deren Sinn und Bedeutung uns der empirische Realismus keine Aufklärung geben kann. Aber wir gehen weiter. Wie steht es mit der Wahrnehmung des seelischen Seins? Dieselbe ist eine eigene Selbsterkenntniß, ein Eigenbewußtsein der im Bewußtsein auftretenden Qualitäten, das bei gehöriger Intensität