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im Parlamente gethan, außerhalb desselben zur Rechenschaft gezogen werden; er ist sür dieselben nur dem Hause, dem er angehört, verantwortlich. Nnr wenn ein Redner selbst seine dort gesprochenen verletzenden Auslassungen veröffentlicht, ist er — wie bereits in Nr. 6 d. Bl., S. 210 hervorgehoben wurde, in Folge der Fiktion, daß das Parlament geheim verhandle — einer Klage vor den bürgerlichen Gerichten ausgesetzt. Dem Ober- und dem Uuterhause' steht dagegen im Fall von Ordnungswidrigkeiten eine weitgehende Disziplinar- und Strafgewalt über seine Mitglieder zu, und während dieselbe in jenem nur selten geübt wird, da der Vorsitzende hier „nicht Richter oder Wächter der Ordnung ist", wird die Verletzung der zahlreichen Anstandsregeln des Parlamentes im Unterhause, wenn ein Mitglied sich darüber beschwert, immer vom Sprecher geahndet; entweder durch eine „Ermahnung" oder, in ernsteren Fällen, dnrch Ordnungsruf mit Nennung des Schuldigen, uud wenn dieser dann sich nicht entschuldigt, dadurch, daß das Haus eiuen Verweis zu beschließen pflegt. Kommt es zu Beleidigungen gegen Mitglieder des Hanfes oder ungebührlichen Angriffen auf Charakter uud Verfahren des Parlamentes, so muß der deshalb zur Ordnung gerufene seine Worte zurücknehmen nnd sich entschuldigen. Weigert er sich dessen oder gibt er eine unbefriedigende Erklärung ab, so wird gewöhnlich Ertheilung eines Verweises oder Haft beantragt. Der Betreffende kanu sich dann von feinem Platze aus vertheidigen, muß aber hierauf vor der Verhandlung des Falles abtreten, um später vor deu Schranken des Hauses vom Sprecher das Urtheil desselben zu vernehmen, wozu er bis vor etwa hundert Jahren niederknieen mußte.
Zahlreiche Fälle beweisen, daß beide Häuser des englischen Parlamentes und ebenso die Courts of Law and Equity befugt sind, wegen Ungehorsams gegen ihre Befehle, Verstöße gegen ihre Regeln und Privilegienbruch Abgeordnete mit Hast zu bestrafen, von der dieselben sich dann nicht, wie sonst üblich, durch Bürgschaft frei machen dürfen. Früher wurde der Verurtheilte nach dem Gefängniß von Newgate oder in den Tower gebracht, jetzt aber gibt man ihn gewöhnlich dem mit der Polizei des Hauses beauftragten Sergeant at Arms. Mit der Vertagung des Parlamentes erhält er sofort seine Freiheit wieder, oft aber schon, wenn die Entlassung von einem Mitgliede beantragt wird, oder wenn der Verhaftete erklärt, er berene sein Vergehen. Fast in jeder Session werden Abgeordnete verhaftet, die bei einem Namensaufrufe fehlen und dann ihre Abwesenheit nicht genügend zn entschuldigen im Stande sind. Bis 1866 erkannte das Unterhaus und seitdem noch wiederholt das Oberhans wegen Ordnungswidrigkeiten auf Geldstrafen. Auffallend ist die Gelindigkeit, daß im Unterhause Verhöhnung der Gesetze und Beleidigungen des Souveräns und der königlichen Familie nur mit einem Verweis oder Haft gerügt werde»;