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Die Bulgaren. II.
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einen Fußboden aus Lehm, der mit Knhmist gemischt und festgestampft ist, und besteht aus zwei Stuben und einer eingezäunten Veranda. An Gerüthschaften bemerkt man einige mit grellen Farben bemalte Schränke, welche die Kleider und das sonstige bewegliche Eigenthum der Hausbewohner einschließen, einige Töpfe und Pfannen und eine Feuerstelle mit einem Rauchfange. Tifche und Stühle fehlen. Die Zimmer werden meistentheils sauber gehalten und gehörig ausgefegt. Aber äußerlich sehen die Häuser gewöhnlich nicht einladend aus. Neben den meisten stehen in einer Umzäunung ein Stall und eine Stroh­scheune. Oft befindet sich dabei auch ein Obstgarten, selten aber Gemüsebeete, obwohl das Land in vielen Gegenden, z. B. bei Bnrgas, mit seinem fetten, schwarzen Boden sich dazu ganz wohl eignet. Diese Vernachlässigung erklärt sich aus der Genügsamkeit, die dem Volke in Betreff der Küche innewohnt. Gutes Weizeubrod, gesalzene Fische, etwas Oel, Schafmilch, Käse aus solcher, dann und wann ein Lamm oder ein Zicklein, an Feiertagen ganz gebraten, bilden die gewöhnliche Kost des Landmannes der untersten Klasse. Die um einen Grad besser gestellten leben ungefähr ebenso, nur fügen sie noch eine Suppe und ein vortreffliches flaches Backwerk hinzu, das den Namen Melena führt.

Auf Reinlichkeit des Körpers wird im Allgemeinen nicht viel gegeben, und ein Mann oder eine Frau von achtzig Jahren könnte, wie Baker meint, wahr­scheinlich die Fälle von Abspülung des ganzen Leibes während ihrer Lebens­zeit an den Fingern der einen Hand herzählen, während man an einem hübschen Anzug große Freude hat.

Die Tracht der Weiber ist sehr malerisch. Sie tragen Kleider von bunten und gutgewählten Farben, die immer in einem Dorfe dieselben sind, ein auch sonst hervortretender Zug uach Ausgehen der Individualität in der Allgemein­heit, der beiläufig auch bei anderen Slaven zu beobachten ist. Ihr Kopfschmuck, ihre Gürtel und Armspangen sind von Silber, dem andere Metalle beigegeben sind. Sie sind sorgfältig gearbeitet und vererben sich als werthgehaltener Familienbesitz von der Mutter auf die Tochter. Merkwürdig ist es, daß die großen runden Schlösser an den Gürteln stark an die der Etrusker erinnern, die man in Italien ausgegraben hat. Die Bulgarinnen heirathen jung und ver­lieren in Folge der Gewohnheit, ihre Kinder bis in's dritte und vierte Jahr zu säugen, frühzeitig die Frische der Jugend, sodaß sie mit vierundzwanzig Jahren fchon alt und hager aussehen. Sie sind sehr häuslich und selten zänkisch. Auch werden sie von den Männern meist gut behandelt, wie denn unter den Bulgaren viel Familienliebe herrscht, und nicht blos Mann und Frau, Bruder und Schwester, sondern auch eutferntere Verwandte sehr aneinander hängen.

Zeremonieen spielen unter ihnen eine wichtige Rolle, besonders bei Hoch-