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zweiten Frau bedürfe. So blieb es denn dabei, und der Richter entschied nur, daß nach Landessitte der Negerehemann die entsprechende Zahl Kühe an den benachtheiligten Vater nachträglich entrichten müsse.
Unter solchen Umständen ist es denn erklärlich, daß es den weißen Kolonisten zur Zeit der Ernte und Schafschur oft an den nöthigen Arbeitskräften fehlt, und daß ganze Strecken von Halmfrüchten auf dem Acker geradezu verfaulen, weil der Kolonist mit seinen Arbeitskräften nicht fertig werden kann; ebenso begreiflich ist es aber auch, daß die weißen Kolonisten gegen die englische Regierung, die sie in keiner Weise unterstützt, äußerst erbittert sind, und daß die Presse sich in den herbsten Ausdrücken über diese stiefmütterliche Behandlung beklagt und Stimmen laut werden, die zur Befreiung von diesem Joche aufmuntern, zumal, wenn man bedenkt, daß die Kolonie Natal nicht nur das in ihrem Gebiet stehende Militär theuer zu bezahlen hat (für den Infanteristen 800 Mark, für den Artilleristen 1400 Mark), sondern daß auch die sehr hohen englischen Verwaltungskosten eben von der Kolonie getragen werden müssen. So erhält, um nur ein Beispiel anzuführen, der Lieutenant Gouverneur von Urban, einer Stadt von einigen Tausend Einwohnern, jährlich 3500 Pf. Sterl. (70000 Mary Gehalt. In Folge dessen haben die Kolonisten in einer Eingabe an die Regierung ihre Forderungen, von deren Bewilligung sie eine Besserung ihrer Zustände mit Bestimmtheit erwarten, fest normirt, und man kann nur wünschen, daß die englische Regierung, durch die jüngsten Vorfälle belehrt, den Kolonisten durch Gewährung dieser Forderungen den Kampf um's Dasein erleichtert. Denn das ist kein Zweifel, sie trägt die Hauptschuld an der bedenklichen Lage der Kolonie; wenn sie ihr eine energische Unterstützung nicht gewähren wollte, hätte sie sie ja einfach den Boers lassen können, die sich mit den Eingeborenen in vortrefflicher Weise abzufinden verstehen.
Noch aber sind wir nicht zu dem eigentlichen es-sus vslli gelangt, dessen Erklärung ein kurzes Eingehen auf die Geschichte des Zulureiches nöthig macht. Schon der Vorgänger des eben erwähnten Chaka, Namens Dingis- wayo, hatte sich eine reguläre, stehende, in Regimenter eingetheilte Armee geschaffen. Chaka, eigentlich nur ein Soldat dieser Armee, baute auf diesen Grundlagen weiter, indem er sich bestrebte, ans seinen Zulu spartanisch abgehärtete, alle Weichlichkeiten des Lebens verachtende Krieger zu machen. Er verbot dabei die wegen der Frauenarbeit verweichlichende Verheirathung; Kinder durften die Soldaten seiner Armee nicht haben, jedes Kind, das in dem Militärkraale — unsern Kasernen ähnlich — gesehen wurde, wurde sofort mitleidslos getödtet. Jedes Regiment, aus 1500 Mann bestehend und zu je 750 Mann kcisernirt, zerfiel in drei Unterabtheilungen, die aktive, bestehend aus den