Beitrag 
Zur Entwicklung der Dinge in Frankreich.
Seite
326
Einzelbild herunterladen
 

.826

zu bilden, würde ihm nichts geholfen haben. Denn ein mehr nach links gehendes hätte die Forderungen der republikanischen Mehrheit noch entschiedener unterstützt als das damals bestehende, und ein konservatives hätte sich den Kammern gegenüber noch weniger gehalten als das letztere. Nachgeben aber konnte der Marschall in jenen drei Fragen nicht. In Bezug auf die Amnestie hatte er kurz zuvor gethan, was er für möglich hielt, hinsichtlich der Besetzung der Armeekommandos war er zu sehr Soldat, um dem Verlangen der Republikaner nachkommen zu können, und was die Minister vom 16. Mai anging, so wußte man von jeher, daß er sich als solidarisch mit dem, was er, wenn nicht gethan, doch zugelassen hatte, betrachtete und deshalb die Anklage nicht gestatten konnte. Dazu kam aber noch eins. Hätte er Letzteres erlaubt, so würde er sich selbst in eine schlimme Lage versetzt haben. Die Republikaner getrauten sich den Beweis zu führen, daß unter dem Ministerium Rochebouöt ein Staatsstreich beabsichtigt worden sei, dieses Uebergangsministerium Hütte sehr wahrscheinlich versucht, sich hinter Mae Mahon zu verschanzen, und so würde durch einen Prozeß oder schon durch ein bloßes Tadelsvotum der Kammern der Präsident selbst getroffen worden sein. Angesichts dieser Schwierig­keiten verzichtete er durch freiwillige Abdankung auf den Fortbesitz der Gewalt. Daß er mit Würde von der Bühne abgetreten ist, kann nicht in Abrede ge­stellt werden und gibt seiner sonst nichts weniger als ruhmvollen Regierung mindestens einen guten Abschluß. Seine Stellung in der Geschichte Frank­reich's wird keine beneidenswerthe sein. Er blieb zu lange auf einem Posten, zu dem er mit seinen Neigungen ebenso untauglich war wie mit seinen Fähig­keiten. Während sein Vorgänger Thiers allezeit als der Befreier des Vater­landes gepriesen werden wird, hat Mac Mahon in den sechs Jahren seiner Regierung unaufhörlich zulassen müssen, was er im Grunde nicht wollte, ist er in allen Stücken die personifizirte Impotenz gewesen. Die Republik hat sich unter ihm stetig mehr befestigt und ausgebildet, aber nicht weil, sondern ob­gleich er an der Spitze des Staates stand.

Gute Zeichen für die Zukunft Frankreich's waren die Leichtigkeit, mit der sich der Umschwung vollzog, den Mac Mahon's Rücktritt bezeichnete, und die Wahl seines Nachfolgers. Die Republikaner zeigten sich dabei einig und ge­mäßigt. Wird in gleichem Sinne, so sagte man sich, die Regierung der Repu­blik weitergeführt, so kann der 30. Januar 1879 den Anbruch einer neuen Aera stetiger und gedeihlicher Entwickelung bedeuten. Grevy ist kein Thiers, er ist nicht so populär, und er ist kein solches staatsmännisches Talent wie dieser. Aber er gleicht ihm an gesundem Menschenverstand, und. er ist ein Mann, von dem zu hoffen steht, daß er die Republik vor der Parteiherrschaft