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Die neue Lage in Frankreich.
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Anfangs übermächtigen und noch vor kurzem nicht ohnmächtigen Gegner. Die 1871in einer Unglücksstunde gewählte" Nationalversammlung bestand Anfangs der Mehrzahl ihrer Mitglieder nach aus Monarchisten, die bis 1876, dem Zeitpunkte, wo die neuvereinbarte Verfassung in's Leben trat, nicht auf­hörten, gegen die thatsächlich bestehende Regierungsform zu arbeiten, und nur deshalb nicht Erfolg hatten, weil die drei Parteien, in die sie zerfielen, sich in Betreff ihrer verschiedenen Ziele nicht verständigen konnten. Die Wirkung des Anfstandes der Kommunards auf die französische Bevölkerung unterstützte die Bestrebungen der monarchischen Parteien; denn die Thorheiten und Greuel des­selben erschienen Vielen nicht als Auswuchs, sondern als nothwendige Folge und als Gipfelpunkt der republikanischen Tendenz. Frankreich wollte vor allem Ordnung und Frieden, und die schienen der Mehrzahl zunächst nur in einer starken Monarchie zu erreichen zu sein. DieFusion" der Legitimisten mit den Orleanisten aber, die dazu verhelfen sollte, zerschlug sich an dem bornirten Starrsinn des Grafen Chambord, der die verhaßteweiße Fahne" erhob und damit die politische und kirchliche Reaktion als sein Ziel bezeichnete. Waren dadurch die Aussichten der Monarchisten wesentlich getrübt, so wurde gleich­zeitig die republikanische Sache durch die Erfolge gestärkt, auf welche der ihr aufrichtig ergebene Thiers namentlich auf finanziellem Gebiete hinweisen konnte. Ende August 1871 wurde derselbe auf drei Jahre zum Präsidenten der Repu­blik gewählt und die republikanische Staatsverfassung provisorisch angenommen. Wie die Nachwahlen zur Nationalversammlung und die Wahlen zu den Ge­neralräthen der Departements zeigten, nahm von nun an die Hinneigung zur Republik in der Bevölkerung allmählich zu. Die Mehrheit in der Gesetzgebung, darüber erschrocken, beeilte sich, das ihr noch immer verbliebene Uebergewicht nach Möglichkeit auszunutzen, und da Thiers ihr zu Gefallen die Bestrebungen der Ultramontanen begünstigte, erregte er das Mißtrauen der Liberalen, ohne doch, da er die Republik den ihm vorgetragenen Wünschen der Rechten nicht aufopfern wollte, die Neigung der Konservativen zu gewinnen. Wäre er nicht in Folge seines persönlichen Ansehens für die Ordnung der Finanzen des Landes und die damit zusammenhängende baldige Räumung desselben von Seiten der deutschen Okkupationstruppen bis auf weiteres unentbehrlich ge­wesen, so würde man ihn ohne Verzug gestürzt haben, und als er nach dem Gelingen der betreffenden Anleihen und dem Abzug der Deutschen überflüssig geworden zu sein schien, ging die Rechte sofort daran, ihn zu beseitigen, wobei die Bonapartisten, deren Partei inzwischen an vielen Orten durch Wiederauf­leben der Erinnerung an die guten Seiten des Kaiserthums und ebensosehr durch die Manöver der demselben zugethanen Beamten gewachsen war, die Hauptrolle übernahmen,

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