Beitrag 
Neuösterreich im Süden der Save.
Seite
59
Einzelbild herunterladen
 

59

Herrschaft von ihrer Seite die Regierung keinen Anstand nehmen wird, sie ihre nationale Wehr wieder tragen zu lassen.

Die orientalische Rajah des Bosna- und Narentagebietes ist ferner unge­bildeter als die lateinische, aber das ist nicht ihre Schuld, sondern die ihrer Seelenhirten und ihrer phanariotischen Kirchenfürsten. Die Popen konnten bis­her zum Theil nicht einmal lesen, die Mönche waren ebenso unwissend; denn jene Bischöfe oder Vladikeu aus dem Phanar kümmerten sich nicht im Gering­sten um den Bildungsgrad derer, die sie über eine ihrer Kirchengemeinden setzten. Die Pfründen wurden verkauft, und der Käufer wurde, namentlich wenn er versprach, seinen Pfarrkindern jährlich eine tüchtige Summe für den Vladika abzupressen, zum Popen geweiht, wenn er (vgl. S. 245) auch früher die Schweine gehütet hatte, und sein ganzes theologisches Wissen darin bestand, daß er das Evangelium herleseu kounte. In der jüngsten Zeit ist das hier und da etwas besser geworden. In Serajewo und Mostar haben die orientalischen Christen Normalschnlen, in ersterer Stadt auch ein Gymnasium und Mädchen­schulen, Alles nach österreichischem Muster. Im größten Theile des Landes aber besteht die alte Mißwirthschaft und Dunkelheit fort, und die höhere wie die niedere Geistlichkeit ist so gehaßt und verachtet, daß man schon wiederholt in Stambul gebeten hat, man möge die Hersendung von Phcmarioten einstellen und den Sprengeln und Gemeinden erlauben, sich Bischöfe und Pfarrer ihres Glaubens und ihrer Nationalität aus Oesterreich kommen zu lassen. Das ist der Punkt, auf den die neue Zivilverwaltung vorzüglich ihr Augenmerk zu richten haben wird, und der Weg, auf dem hier Wandel zu schaffen wäre, ist nach Helfert's Ansicht auch gegeben. Die heutigen Metropoliten von Karlowitz sind, wie geschichtlich und kirchenrechtlich unanfechtbar darzuthun ist, die einzig wahren Nachfolger des alten, ehemals den ganzen serbischen Stamm kirchlich regierenden Patriarchats von Petsch oder Jpek, und diesem müssen die jetzt unter dem Patriarchen im Phanar stehenden Bosnier von griechischein Ritus unter­geordnet werden. Von dort allein kann die Reform der Geistlichkeit nnd der Schulen mit Hoffnung auf raschen Erfolg in Angriff genommen werden.")

Wie wird Oesterreich aber mit den sehr zahlreichen Muslimen türkischen und serbischen Stammes, die Bosnien bewohnen, zu verfahren haben? Die Antwort lautet: ähnlich wie mit den Angehörigen der griechischen oder ortho­doxen Kirche, ernst, streng, aber gerecht, so daß sie die Ueberzeugung gewinnen, ihr Glaube, sowie ihre ganze Art und Lebensweise sei durch das neue Regi­ment nicht bedroht. Das Gegentheil von dieser Ueberzeugung trieb die

Nach den neuesten Nachrichten hätte die Regierung diesen Weg nicht betreten, sondern die Unterordnung der bosnischen Orthodoxen unter das Patriarchat von Konstantinopel mit letzterem neu vereinbart.