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Der Sinn dieser Rückäußerung ist leicht zu finden, und wir beeilen uns, ihn ans Bosnien und die Herzegowina anzuwenden, deren Okkupation, oder sagen wir lieber, deren Eroberung, jetzt als vollendet zu betrachten ist. Diese bisherige Nordwestecke der europäischen Türkei, das Hinterland Dalmatien's, wird ohne Zweifel österreichisch bleiben, aber was nützt die neue Provinz dem Doppelstaat an der Donau? Sie verheißt, so lautet die Antwort der Einen, vorläufig wenig. Die Verbindung mit ihr, so sagen die Andern, bedroht uns sogar mit Schaden, ja sie hat schon geschadet, indem der Erwerb Blut und Geld kostete, und wir mit ihm nur Zwietracht in den Parlamenten, Wanken der Regierung und die Furcht vor Stärkung des ohnehin schon sehr mächtigen, nach Rußland hin gravitirenden slavischen Elements in der Monarchie entstehen sahen. Dem gegenüber behaupten wir: Oesterreich-Ungarn mußte diese Länder sich angliedern, und die gegenwärtigen Zustände in denselben lassen sich mit Wohlwollen und Umsicht derart umgestalten, daß die Eroberung zum wirklichen Gewinn wird. Graf Andrassy hat in dieser Sache, was man auch gegen ihn vorbringen möge, durchaus politisch gehandelt.
Um den Beweis für diese Ansicht zu liefern, durchwandern wir zunächst raschen Schrittes diese Gegenden, um einen Ueberblick über die jetzigen Verhältnisse von Land und Leuten zu gewinnen und uns gelegentlich etwas von der jüngsten Vergangenheit derselben erzählen zn lassen. Führer und Berichterstatter möge uns dabei vonHelfert sein, dessen soeben erschienene Schrift") wir denen, die ausführlichere Information wünschen, als lehrreich und im Ganzen und Großen auf richtiger Fährte empfehlen.
Die Reise durch Neuösterreich im Süden der Save ist, auch wenn man sie nur im Geiste macht, vielfach unerfreulich. Die Liederlichkeit der türkischen Wirthschaft hat das an sich schöne und reiche Land zum Erbarmen verkommen lassen und auch in der neuesten Zeit wenig oder nichts zu dessen Hebung gethan. Die Landstraßen sind schlecht erhalten, die Wirthshäuser voll Schmutz und ohne Bequemlichkeit, die Städte und Dörfer da, wo Muslime Hausen, verfallen, unsauber und unsicher, weite Strecken guten Ackerlandes liegen wüst, das Volk kennt keine Pietät gegen Wald und Baum. Man lese im ersten Abschnitt unseres Buches, wie man in einem bosnischen „Hcm" untergebracht ist, und man wird sich von nicht gelindem Schänder überrieselt fühlen. Wenig zn essen und das, was geboten wird, meist ungenießbar, Rauch, Flöhe in Unzahl, Ferkel und Hühner als Mitgäste in der von Koth strotzenden Stube, schlaflose Nächte auf einer Holzpritsche oder einem vielgebrauchten garstigen Teppich sind die Hauptgaben dieser Gastlichkeit.
Bosnisches von Fhr, v. Helfet. Wien, Manz, 1879.