— 507 —
parlamentarisches aus Jaden.
Der seit mehreren Wochen wieder versammelte Landtag hat sich vorwiegend mit der Einführung der Reichsjustizgesetze beschäftigt. Diese Arbeit ist nun unter scharfer Dissonanz zwischen Regierung und Kammer zum vorläufigen Abschluß gelangt. Der Differenzpunkte waren es mehrere. Wir erwähnen nachstehend die wichtigsten derselben, wobei wir den, bezüglich dessen eine Verständigung nicht erzielt wurde, in letzter Reihe aufführen. Sofort bei der Frage nach Feststellung der Gerichtssitze gab sich eine Verschiedenheit der Anschauung kund. Der Vorschlag, daß nur ein Oberlandesgericht, mit dem Sitz in Karlsruhe, errichtet werden solle, war beiderseits genehm. Es sprechen keine Gründe dafür, durch Errichtung zweier Oberlandesgerichte ein oberstes Landesgericht zu ermöglichen, eine badische dritte Instanz ist existenzunfähig. „Schon aus politischen Gründen ist überdies die Gravitation zu dem Reichsgericht zu befördern, und liegt die Unterstellung unter dasselbe im Interesse der Rechts- sprechung und der Rechtseinheit." Karlsruhe erhält also das Oberlandesgericht. Die Residenz wurde nicht für gefährlich befunden, selbst von Solchen nicht, denen s. Z. die Domizilirung des Reichsobergerichts in Berlin ein absolut zu perhorreszirender Gedanke war, und auch Mannheim, das bis jetzt der Sitz des obersten Gerichtshofes ist, hat sich allem Anscheine nach mit Resignation in die Thatsache gefunden. Die Uebereinstimmung zwischen Regierung und Kammer erstreckte sich namentlich auch soweit, daß die Feststellung des Sitzes des Oberlandesgerichtes durch Gesetz zu erfolgen habe. Dagegen wollte im Widerspruche zum Entwürfe der Regierung die zweite Kammer, in Uebereinstimmung mit ihrer Justizkommission, auch die Sitze und Bezirke der Landgerichte durch Gesetz feststellen, während Sitze und Bezirke der Amtsgerichte zunächst zwar durch Verordnung bestimmt, nach dem 1. Oktober 1882 aber auch nur durch Gesetz sollten verändert werden können. Eine gewisse Stabilität der lokalen Begründung und des Umfangs der Landgerichtsbezirke erscheint in der That durchaus wünschenswerth. Diese wird am sichersten erreicht, wenn die Festsetzung durch die Gesetzgebung erfolgt. Anders dürfte die Sache bezüglich der Amtsgerichte liegen. Das Detail der lokalen Verkehrsverhältnisse u. dgl. wird gewiß besser von der Regierung beurtheilt, als von großen parlamentarischen Körperschaften. Jedenfalls nber sollte man, wenn die Bildung der Amtsgerichtsbezirke in bleibender Weise dem Verordnungsrecht anheimgegeben wird, bezüglich der Bestellung der Gerichtssitze keine andere Verfahrungsweise einschlagen. Bezirk und Sitz des Gerichtes hängen so enge mit einander zusammen, daß die Bestimmung beider unseres Dafürhaltens unbedingt in einer