Maria Stuart.
(Zur Literatur der letzten fünfzehn Jahre.) Von Arnold Gaedeke. III.
Als Murray sich nach Darnley's Ermordung nach Frankreich begab, machte er sein Testament, in welchem er seine einzige Tochter der Fürsorge der Königin empfahl.*) Von den Chatoullenbriefen wußte er damals noch nicht das Geringste. Aber auch dann hätte Murray noch immer seine Tochter seiner Schwester und Souveränin empfehlen können, ohne damit ihre Schuldlosigkeit anerkannt zu haben. — Auch die „geräuschvolle" Art und Weise, mit der Darnley umgebracht worden ist, ist oft zu Gunsten Maria Stuart's hervorgehoben worden. Es läßt sich allerdings nicht leugnen, daß schon die Vernunft die Königin hätte veranlassen müssen, im Falle sie in den Plan ihres Geliebten eingeweiht war, sich gegen diese Todesart auszusprechen. Wenn man gerecht sein will, so muß man ferner zugestehen, daß außer den Aussagen der Bediensteten Bothwell's — auf die ich ein sehr geringes Gewicht lege — kein Beweisstück dafür vorhanden ist, daß die Königin von allen Details Kenntniß gehabt hat. Dies verringert aber ihre Schuld nur in sehr geringem Grade; es nimmt ihr nicht einmal völlig den Charakter der Hinterlistigkeit, denn daß etwas gegen ihren Gemahl im Werke war, hat Maria Stuart so sicher gewußt, als sie mit Bothwell in einem Liebesverhältnisse stand. Wir besitzen die unzweifelhaftesten Zeugnisse darüber.
Froude, ihr Gegner, kann hier seine Verwunderung auch nicht verbergen. „Ein Giftmord," meint er, „würde ihrem Rufe verhältnißmäßig wenig geschadet haben." Abgesehen davon, daß in Schottland dergleichen nicht üblich war, so wußte Bothwell sehr genau was er that, als er die „geräuschvollere" Todesart wählte. Im Besitze der Chatoullenbriefe, besaß er alsdann ein Mittel, die
*) Unrtoil p»xvrs, xrintsg bz? tlis Lannat/ns Lind, I. 19. Grmzbotm IV. 1878.
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