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Eine russische Nihilistin unter dem Volke.
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an und ging auf die Gasse. Seitdem unterhielt sich Iwan niemals wieder mit mir über die Volkssache."

Aber so leicht ist ja eine Nihilistin nicht abzuschrecken. Sie hört gelegent­lich von einem Arbeiter Ss. reden, der ein kühner, eifriger Vertreter der ge­meinsamen Interessen sei und sich vor Niemandem fürchte. Obwohl er am äußersten Ende des Ortes wohnt, macht sie sich doch zu ihm auf, begibt sich unter einem Vvrwande zu seiner Frau uud trifft den Gesuchten auch glücklich zu Hause, da er an den Füßen leidet und nicht ausgehen kann.Ein Riese in einer Lederschürze (er war Schmied in einer Fabrik) so schildert sie ihn, mit ungeheuren muskulösen Füusteu, mit pechschwarzem krausen Haar und Augen, die wie Feuer funkelten, so erschien mir Ss. als der Typns eines bäuerlichen Helden." Sie lenkt denn auch unschwer das Gespräch auf die Fabrik; ihr Mann wird zutraulich, schlägt sie auf die Schulter, ohne daß sie vor seiner Donnerstimme erschrickt; im Gegentheil sie ist frendig erregt, sie glaubt den Rechten gefuudeu zu haben. Doch was erwidert ihr endlich dies Musterbild eines bäuerlichen Helden?Dn sprichst von der Fabrik, mein Täubchen. Weißt Du, was unsere Fabrik ist? Unsere Fabrik ist die erste in ganz Rußland; eine solche wie die wirst Du nirgends sonst finden! Wir haben die besten Maschinen, und nirgends hält man nur die Hälfte der Arbeiter wie bei uus. Im Wiuter sind bis 4000 Arbeiter zusammen. Du bist keine Hiesige, Du weißt das nicht. Und wir haben den größten Herrn im ganzen Gouvernement; solche gibt's vielleicht in Piter (Petersburg) nicht viel." Und damit ging mein Ss. hinaus. Er war stolz darauf, daß er die Ehre habe in einer solchen Fabrik zu dienen und damit ans einer für andere unerreichbaren Höhe zu stehen." Gewiß, das war niederschlagend, aber war denn dieser Korporationsgeist des Arbeiters, der stolz ist ans das Ganze, in das er sich einfügt, nicht auch etwas werth und mehr werth, als die fressende Unzufrieden­heit, der giftige Haß, den die Nihilistin erwartete?

Sie gibt iudeß diesenHelden" noch nicht verloren. Sie kommt ein zweites Mal zu ihm. da liegt er sinnlos betrunken im Hofe.----.

Mit andern ist sie nicht glücklicher. Da haben einige Leute sie gebeten, ihnen etwas aus Druckschriften vorzulesen. Der nächste Feiertag wird dazu bestimmt, bei einem bekannten Hause will man sich treffen. Sie geht denn auf die Gasse, ihre Zuhörer zu erwarten. Es haben sich indessen andere Arbeiter eingefunden, und ihr gnter Freund Iwan Tsch. theilt diesen wahrscheinlich in einem Ausluge vvu Pflichtgefühl mit, sie habe da eine Schrift, in welcher die ganze Wahrheit" gesagt werde. Natürlich bitten die Arbeiter sie vorzulesen. Sie hat zwar dazu keine Neiguug, indeß willigt sie schließlich ein und gibt