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tete den Kanzler während der ganzen Daner des siebenmonatlichen Krieges in der Weise, daß er sich unausgesetzt in dessen unmittelbarer Umgebung und in täglichem Verkehr mit ihm befand. Er hat, beauftragt, die Gedanken nnd Absichten desselben in der Presse zn vertreten, Blicke in die Entwickelung der Dinge thun können wie Wenige, er ist in hochbedeutsamen Momenten in dessen nächster Nähe gewesen, und er hat, indem er beinahe ausnahmslos an der Tafel des Kanzlers speiste, beim abendlichen Thee zugegen war und wiederholt im Reisewagen der Mittheilsamkeit des Fürsten lauschen durfte, reichlich Gelegenheit gehabt, auch zu sehen und zu hören, wie er sich im Privatleben giebt und verhält. Und wenn Busch das Glück hatte, beobachten zu können, so hat er, durch frühere Reisen zu literarischen Zwecken und strenge dienstliche Uebung geschult, auch zu beobachten verstanden. Er brachte zur Erfüllung der Aufgabe, die er sich gestellt, ein vorzügliches Gedächtniß selbst für das Kleine und scheinbar Nebensächliche mit, und bei der Aufzeichnung seiner Beobachtungen leitete ihn, wie jede Seite zeigt, trotz seiner stark ausgeprägten Gesinnung, mit der wir ihn unter die unbedingten Verehrer des Fürsten zu stellen haben, eine entschiedene, beinahe peinliche Wahrheitsliebe, die nichts glättet, was rauh ist, nirgends aus dem Eigenen höhere Lichter aufsetzt, nirgends Pointen hinzufügt, wo sich keine finden, und die andererseits auch solche zur Charakteristik des Kanzlers nothwendig scheinende Dinge nicht übergeht, die dem Berichterstatter — wir denken dabei an die ihm gelegentlich ertheilten Verweise — beim Leser schaden können. Mit diesen Eigenschaften, zn denen die Gabe, gut zu erzählen und lebendig zu schildern, tritt, führte Busch zunächst ein genaues und ausführliches Tagebuch, welches sich auf Notizen gründete, die an Ort und Stelle gemacht wurden, und aus diesem theilt er hier in reichlichen Auszügen mit, was sich ohne Pflichtverletzung, ohne Taktlosigkeit und ohne Schaden gegenwärtig mittheilen läßt.
Daß Vieles verschwiegen bleiben mußte, würden wir auch ohne die Bezeichnung der Lücken durch Gedankenstriche, denen man namentlich in den letzten Kapiteln häufig begegnet, von vornherein annehmen. Wahrscheinlich ist sodann, daß jene Lücken ganz besonders interessante Vorkommnisse und Aeußerungen betreffen. Aber auch in dieser von den Verhältnissen gebotenen UnVollständigkeit ist das Buch mit seiner photographischen Treue ein werthvoller Beitrag zur Charakteristik des Kanzlers nach den verschiedensten Seiten seines Wesens, eine trefflich durchgeführte Chronik des Krieges, soweit es sich dabei um ihn handelte — zumal für den, der zwischen den Zeilen zu lesen versteht — und so eine wahre Fundgrube für die spätere Geschichtsschreibung. Eine Fülle neuer Charakterzüge und Aussprüche des Kanzlers, der überall den Mittelpunkt der Darstellung bildet, wird geboten, das gesammte