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Die Pariser Weltausstellung. 10 : die Kunst Oesterreich-Ungarn´s. - Spanien, Griechenland und Holland. - Rußland. - die deutsche Kunst. - Schlußbetrachtung.
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der wenigen Gemälde der Weltausstellung, aus denen uns ein frischer, unge­künstelter Humor und zugleich ein origineller Gedanke entgegenspringt, trägt hinwiederum den Charakter der Antwerpener Malerschule. Es ist srisch und kräftig gemalt und gut erfunden. Ein altes Ehepaar, vornehme, würdige Leute, ist eben nach Hause gekommen und bemerkt zu seinem Schrecken auf dem Tische des Salons das Käppi eines Soldaten. Die Frau ist zur Klingel geeilt und hat Sturm geläutet, das Dienstpersonal ist vollständig zur Stelle gekommen, und der alte Herr, der vor Schrecken in einen Stuhl gesunken ist, zeigt mit der Miene eines Untersuchungsrichters auf das vorpus clslioti. In dem An­gesichts der derben Köchin spiegelt sich der Ausdruck ungehenchelter Entrüstung, der Kutscher sieht etwas verlegen drein, als wüßte er sich den Zusammenhang zu erklären und als fesselten nur kollegialische Rücksichten seine Zunge, während der Eifer, mit welchem die schon ziemlich reife Kammerjungfer ihren morali­schen Charakter vertheidigt, über die wahren Schuldigen keinen Zweifel auf­kommen läßt. Im Hintergrunde öffnet sich halb eine Thür, durch welche eine Scheuerfrau, deren Alter von vornherein jeden Zusammenhang mit dem bunten Käppi ausschließt, ehrfürchtiglich auf den Strümpfen eintritt, um auch ihrer­seits bei dem allgemeinen Appell nicht zu fehlen. Wenn ich noch die Genre­maler M. und H. F. C. ten Kate, beide im Haag, den Architekturmaler Klin­kenberg, der die sprüchwörtliche Sauberkeit holländischer Städte ebenso sauber, so frisch und so klar wiederzugeben weiß, den Landschaftsmaler van Elven und den ganz französisch gebildeten Landschaftsmaler Burgers erwähne, so ist die Uebersicht über die Spitzen der holländischen Kunst geschlossen.

Es ist auffallend, daß der gewaltige siegreiche Kamps, den die Holländer seit einem Jahrzehnt mit dem Meere kämvfen, ihre Maler nicht zu größeren Thaten begeistert hat, als wir ihnen auf dem Marsfelde begegnen. Es scheint, als hätte dieser Kampf alle nationalen Kräfte so vollständig cibsorbirt, daß für die Kunst und die Industrie leine mehr disponibel geblieben sind. Wir können uns deshalb ein näheres Eingehen auf die Erzeugnisse der holländischen Kunst- indnstrie ersparen. Eine herbe Kritik würde die Empfindlichkeit der armen Holländer, die schon viel -schlimmes haben hören müssen, nur noch tiefer ver­letzen, obwohl gerade sie durch die stolze Inschrift am Eingangsportal ihrer Abtheilung: ^6 -siixitsr «zuiclsw oirmiwis xlae-zt! Nicht einmal Jupiter kann es allen recht machen! mehr als alle anderen Nationen die Strenge der Kritik herausgefordert haben.

Die Stärke sowohl wie die Eigenthümlichkeit der russischen Malerei liegt in der Landschaft. Auf diesem Gebiete besitzt Rußland eine Anzahl tüchtiger Künstler, welche eine tief poetische Auffassung mit einer charaktervollen und echt malerischen Ausdrucksweise zu verbinden wissen. Den sehr geschätzten, außer-