Beitrag 
Die Pariser Weltausstellung. 10 : die Kunst Oesterreich-Ungarn´s. - Spanien, Griechenland und Holland. - Rußland. - die deutsche Kunst. - Schlußbetrachtung.
Seite
504
Einzelbild herunterladen
 

504 -

und einfach arrangirt lassen sie alles Beiwerk bei Seite, nm den Kopf zur hauptsächlichsten, fast alleinigen Wirkung zu bringen. Während der energische Stil v. Angeli's besonders für männliche Portraits charakteristisch ist, hat Canon vorzugsweise das Geschick, weibliche Anmuth mit distinguirter Noblesse zur Anschauung zu bringen.

Unter den Genremalern steht Alois Schonn obenan. Er hat wie kein zweiter das italienische Volksleben und die italienische Natur studirt und weiß auch den gewöhnlichsten Motiven ein originelles Gepräge zn geben. Sein Fischmarkt in Chioggia" ist reich an charakteristischen Volkstypen und fesselt zugleich durch eine feine malerische Behandlung, die sich die verschiedenartigsten Lichteffekte wohl zu Nutze zu machen weiß. Noch reicher und lebendiger ist seinVolksfest an der genuesischen Küste", wo eben in einer kleinen Kapelle am Strande Messe gelesen worden ist und der Geistliche aus derselben heranstritt, um die sich um ihn drängenden Kinder zu segnen. Eugen Blaas holt die Motive für seine farbenreichen, von einem feinen Humor erfüllten Kompositionen aus Venedig, Bald fixirt er lustige Volksszenen aus der Gegenwart, bald greift er in die glänzende Vergangenheit zurück und bevölkert die Balköne der stolzen Paläste mit in Pnrpur und Gold prangenden Schönen, die mit ihren Rittern schäkern.

Die österreichische Kunstausstellung bietet in ihrer durch die geographischen Verhältnisse und durch andere Umstände gebotenen Zusammensetzung ein buntes Bild. Sie allein giebt in nues ein vollständiges Bild der gegenwärtigen europäischen Kunstbewegung. Denn die Söhne des österreichisch-ungarischen Kaiserstaates gehen in alle Welt und eignen sich die Kunstsprachen aller Nati­onen mit wunderbarer Geschicklichkeit an. Wir haben schon oben angedeutet, daß eine große Anzahl österreichischer Maler aus München hervorgegangen sind, daß Munkacsy seine Bildung in Düsseldorf empfangen hat und daß andere wieder mit beiden Füßen auf dem Boden der französischen Kunst stehen. Einer der talentvollsten Künstler Böhmen's, Jaroslav Czermak, der leider auf der Höhe seiner Laufbahn seiner Kunst entrissen worden ist, war ein Schüler Gallait's. Seine Gemälde sind so farbenprächtig, seine Charakteristik ist so eindringlich, und seine Darstellungsweise ist so ergreifend, daß man vor ihnen an die schönste Zeit Gallait's erinnert wird. Die beiden letzten Bilder des Künstlers, der kurz vor der Eröffnung der Ausstellung starb, auf der er Ruhm und Ehren ernten sollte, schildern uns mit glänzender Beredsamkeit Episoden aus dem Verzweiflungskampf der Montenegriner gegen ihre türkischen Unter­drücker, der erst jetzt seinen Abschluß erhalten hat. Auf dem einen dieser Bilder wird ein verwundeter montenegrinischer Führer von seinen Getreuen auf einer Bahre durch einsame Gebirgspässe getragen. Frauen und Mädchen, die an