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noch das Gesetz der allgemeinen Wehrpflicht; doch es war ein todtes Wort. Ein Stand geworbener Soldaten mit alten Berufsoffizieren, ein dauernd unter den Adlern stehendes Heer, eine nach Willkühr des Feldherrn zu vergrößernde Prätorianergarde — alle Pfeiler der Militär-Monarchie waren im Heerwesen aufgerichtet; es bedürfte nur noch des Willens eines großen Feldherrn, und sie mußte sich über diesen Pfeilern zu stolzer Kuppel wölben. Die Entwickelung des altrömischen Kriegswesens war abgeschlossen.
Iie pariser Weltausstellung.
Von Adolf Rosenberg.
10. Die Kunst Ocstcrreich-Ungarn's. — Spanien, Griechenland und Holland. — Rußland. — Die deutsche Kunst. — Schlußbetrachtung.
Trotz der politischen Trennung sind wir nach wie vor gewöhnt, die österreichische Kunst als zur deutschen zugehörig und im Zusammenhange mit der deutschen zu betrachten. Viele der hervorragendsten Talente der österreichischen Schule haben in München, unter Pilotys Leitung, ihre künstlerische Ausbildung erhalten, an ihrer Spitze Hans Makart, die glänzendste Künstlererscheinung, welche die österreichische Kunst gegenwärtig besitzt. Eine ganze Reihe dieser in München gebildeten Oesterreicher hat dauernd ihren Wohnsitz an der Jsar aufgeschlagen, wie der Böhme Gabriel Max, die Tiroler Defregger und Mathias Schund, der Wiener Kurzbauer. Umgekehrt sind von München Künstler, die in Deutschland geboren und erzogen sind, nach Wien gegangen, wo sie zu den Zierden der dortigen Künstlerschaft geworden sind. So der Historienmaler Anselm Feuerbach, einer der bedeutendsteu Künstler Deutschland's, und der Bildhauer Zumbusch. Eine andere Gruppe österreichischer Künstler, der Ungar Munkacsy, der Böhme Czermak, die Landschaftsmaler Zettel und Nibarz, der Thiermaler O. v. Thoren, leben oder lebten in Paris, wo sie mehr oder minder merkliche Einflüsse der dortigen Malerschule erfahren haben.
Im Großen und Ganzen ist der Charakter der österreichischen Kunst ein deutscher. Eiue spezifisch österreichische Kunst giebt es nicht, ebensowenig wie eine spezifisch ungarische. Muukaesy, Ungarn's größter Maler, fast auch sein einziger, der auf größere Bedeutung Anspruch machen kann, ist ein Zögling der Düsseldorfer Akademie, wo er vornehmlich die Kunst gelernt hat, seine Ge-