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Die Löß-Theorie des Freiherrn von Richthofen und ihre Anwendung auf Europa.
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Frankreich und zwar im Stromgebiet der Seine- und Loire, während sein Ostende noch nicht genügend festgestellt ist; zweifellos aber gehören die fruchtbaren Strecken Ungarn's, Galizien's, der Bukowina, Siebenbürgen's zu den Lößland- schaften; auch der Dniester ist ganz in Löß eingeschnitten. Bedeutende Löß­landschaften liegen aber auch in Amerika sowohl in Süden als Norden vor. Am gewaltigsten jedoch tritt er in Asien auf, hauptsächlich in Nordchina, wo er nicht nur den landschaftlichen Charakter ganz und gar bestimmt hat, sondern geradezu für den Schöpfer der chinesischen Kultur auzuseheu ist.

Die Entstehung des Löß hängt nun auf das Genaueste mit der Bildung der Oberfläche von Jnnerasien zusammen; hier finden sich die Bedingungen klar ausgesprochen, unter denen er seinen Ursprung nehmen konnte. Die Boden­bildung von Jnnerasien ist sehr einfach. Schneidet man die südlichen Halb­inseln als Glieder des Erdtheils ab, um den Rumpf desselben zu gewinnen, so wird dieser im Süden durch eine dreifache Gebirgsmauer abgegrenzt, die von Norden nach Süden an Höhe und Masse zunimmt: Kwenlun, Kararorum, HinMaya. Zwischen Kwenlun und Karakorum liegt das Hochland Tibet; ersterer streicht fast geradlinig nach Osten, ohne indeß das Ostmeer ganz zu er­reichen, und bildet die Grenzlinie zwischen Nord- und Südchina, d. h. zwischen den Stromgebieten des Hwangho und Jantsekiang. Der HinMaya neigt sich in seiner Längenansdehnnng mehr nach Süd-Ost und beschreibt einen schwachen Bogen. Beide Gebirge nehmen indeß ihren Ursprung ans der Hochfläche Pamir, der Grenzscheide zwischen Vorder- und Hinterasien; auf derselben Stelle beginnt auch ein viertes Gebirgssystem, das des Tienshan, das von da nach Nord-Osten zn verläuft und aus einer Anzahl paralleler Ketten besteht, die, durch Längenthäler von einander getrennt, sich koulissenartig ablösen, ähnlich wie beim Schweizer Jura. Auch hinsichtlich der äußeren Anordnung liegt eine weitere Aehnlichleit zwischen dem gegenseitigen Verhältniß des schweizerisch-dentschen Jnra zu dem Ostflügel der Alpen und dem des Tienfhansystem zum Kwenlun vor, insofern beide Gruppen bei ihrem Beginn im Westen ziemlich nahe an einander liegen; je weiter sie aber in der Richtung nach Osten vorrücken, um so mehr kommen sie anch von einander und schließen so ein dreieckiges Land ein, in Europa die Schweizer und Schwäbisch- Bciirische Hochebene, in Asien die gewaltigen Steppenbecken der Mongolei. So streckt sich also zwischen Tienshan und Kwenlun gewisser­maßen ein mehr langes als breites Thal hin, das sowohl nach der Auffassung der Chinesen, die es Hanhai (d. h. ausgetrocknetes Meer) nennen, als auch nach den Ansichten kompetenter Reisender für den Boden eines ehemaligen Meeres anzusehen ist. In diesem Theile Asien's finden sich verhältnißmäßig nahe bei einander die gewaltigsten Höhendifferenzen auf der trvckeuen Erdoberfläche. Denn der Unterschied zwischen dem Gipfel des Dapsang in der Karakornmkette

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