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werfen. Die ganze Gesellschaft ist in vvlles goldiges Sonnenlicht förmlich gebadet. Alles auf dem Bilde, so kann man mit einer erlaubten Metapher sagen, jauchzt: die Farbe, das Licht, die Natur und die Menschen. Die Tracht der Mädchen ist der japanischen am meisten ähnlich. Vielleicht hat der Maler einen Küstenstrich dieses von der Natur verschwenderisch begabten Jnselreichs darstellen wollen, vielleicht auch eine Gegend am Mittelmeer, die er dann mit Gestalten seiner Phantasie bevölkert hat. Aber japanisch ist nnn einmal der Charakter des ganzen Bildes, der kaum spannenlangen Figürchen, die mit einer bewunderungswürdigen Grazie und Feinheit modellirt find.
Zu dem merkwürdigen Bilde gehört ein merkwürdiger Nahmen. Er ist braun bemalt und mit allerlei seltsamem Gethier versehen, das auf einer freigearbeiteten Stange hockt, welche die innere, dem Bilde zugekehrte Seite des Rahmens umgibt. Da sitzen Vögel und Krebse, da ringelt sich eine grnn- bronzirte Schlange hermn, und darüber sieht man silberne Sterne und in der Luft herumfliegende Figürchen — in Summa, eiue groteske Phantasie, deren Reiz dnrch das Geheimnißvolle und Räthselhafte nur noch erhöht wird.
Im Uebrigen ist die italienische Malerei in vollständiger Abhängigkeit von Frankreich befangen. Sie hat sich von der großen künstlerischen Vergangenheit ihres Landes vollständig freigemacht und kokettirt, wie die französische Malerei, mit koloristischen Bravourstücken, denen jeder geistige Inhalt fehlt. Sie theilt zwar nicht mit ihr die Vorliebe für das Granenhafte und Bizarre; dafür fehlt ihr aber die Malerei großen Stils, die vom Staate nicht protegirt, ans der Ausstellung anch nicht vertreten ist. Trotzdem hat sie einen mehr volts- thümlichen Charakter. Das Leben der Landleute, die Volksfeste, die religiöse» Zeremonien finden liebevolle Schilderer, die scharf zu beobachten und charakteristisch darzustellen wissen. Da kommt ihnen freilich, besonders wenn sie das Getümmel rauschender Volksfeste darstellen wollen, der prickelnde Kolorismus der modernen französischen Schule sehr zu statten.
Ans dieser Abhängigkeit von Frankreich erklärt es sich, weshalb die verschiedenen Malerschulen Italien's die mailändische, die florentinische, die römische und die neapolitanische, keine besondere Physiognomie besitzen. Während sich in Deutschland unter völlig ähnlichen Verhältnissen scharf gesonderte Schulen gebildet haben, die nicht wenig zu der großartigen Vielseitigkeit der deutschen Malerei beitragen, sind die italienischen Malerschnlen sämmtlich Filialen von Paris. Nur die veuetiauische hat sich einen eigenen, augenscheinlich von Wien, zum Theil auch von unserem Passini beeinflußten Charakter gewahrt. In Mailand siud neben den französischen wenigstens noch deutsche Einflüsse bemerkbar, besonders an den beiden Jndnno's. Der eine, Domenico, hat ein figurenreiches Bild ausgestellt, welches die Grundsteinlegung der (Zs-Ioria Viktors