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mit seinem Schifflein wieder in See. Der Kämmerer mit fünfzig Helden segelt ihm nach und ergreift ihn auch nach längerer Jagd; doch nicht lange erfreut er sich seines Fanges. Morolt macht die Schiffsmannschaft dnrch allerlei Schnurren sorglos, berauscht sie durch einen Zaubertrank, tödtet den Kämmerer und eilt in dessen Kleidern, „das Haar kraus und fahl" wie jener, nach dem Königsschlosse, um dort zu melden, daß Morolt gefangen und im Meere ertränkt worden sei. Unerkannt verrichtet er des Kämmerers Dienste, setzt wieder seinen Zaubertrank in Thätigkeit, legt den schlafenden König zu den „Kapellanen" des Hofes, einen Kapellan aber dorthin, wo nur der König ruhen durfte. Die Verlegenheiten, welche durch diesen Lagerwechsel entstehen, als die Ernüchterten erwachen, malt unser Spielmann mit humoristischem Behagen aus. Diesmal läßt sich Morolt aber nicht sangen. Durch einen Taucherapparat — höchst merkwürdig für ein Gedicht des 1.2. Jahrhunderts — steigt er in des Meeres Tiefe und entgeht so seinen Verfolgern. Bald erreicht er die „gute Burg" Jerusalem. Auf seinen Bericht hin zieht Salomo mit 10,000 Helden über den „wilden See"; unfern der feindlichen Burg in einem finstern Tann machen sie f>alt, der König aber sucht allein in einem Pilgergewcinde nnd bewaffnet mit einer Krücke, in der ein Schwert verborgen steckt, seiner früheren Gemahlin sich zu nähern. Trotz seiner Verkleidung wird er sofort erkannt und soll seine Kühnheit mit dem Tode büßen. Die Noth des Helden bringt den Dichter zu einem Trnnke: „Nun muß er verlieren sein werthes Leben, Man wolle denn dem Leser ein Trinken geben."
Nachdem die Labung stattgefunden, erzählt der Spielmann weiter, wie auf Bitten von König Pharo's Schwester, welche mit dem „allerschönsten Pilger" Mitleid hat, dem Salomo auf eine Nacht das Leben geschenkt und wie der Gefangene von der liebenden Prinzessin durch allerlei Ergötzlichkeiten, durch edlen „Lautertrank" und den Gesang eines „Fahrenden" über sein Unglück getröstet wird. Salomo nimmt selbst die Harfe zur Hand, gedenkend „an David, den lieben Vater sein, Der vor der alten Troie (sich Erdachte das Saitenspiel so sein." Am andern Morgen wird er an den finstern Tann zum Galgen geführt. Als er durch einen Hornruf seine Mannen, welche unter Führung Morolt's, zweier Tempelherren und des Herzogs Friedrich in der Nähe lagern, von seiner Noth benachrichtigt, wird er von den Heiden hart bedrängt und kommt in große Gefahr, der Dichter aber wieder zu einem Trnnke: „Er fiel nieder auf das Land, Man gebe dem Leser zu trinken, sonst hat er den Tod an der Hand."
Salomo wird noch zur rechten Zeit gerettet, das Heidenheer geschlagen, Pharo gehenkt, Salome aber gegen das Versprechen steter Treue zu Gnaden angenommen und zugleich mit Pharo's Schwester nach Jerusalem zurückgeführt.